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Guns N' Roses
13.06.2017, Olympiapark, München 
 
Die Not In This Lifetime Tour war und ist es ein großes Stück Musikgeschichte und jeder einzelne kann froh sein, es erlebt zu haben.
DarksceneTom
DarksceneTom
(142 Live-Berichte)
Es war einmal vor ziemlich genau 25 Jahren. Mit Pickeln im Gesicht und an der großen Livefront völlig jungfräulich erlebt der Verfasser dieser Zeilen seine erste, große Stadionrockshow. Die legendäre, Jahre umfassende und bis heute nahezu unerreicht erfolgreiche Use Your Illusion Tour meiner ersten, großen musikalischen Liebe zieht durch Europa und die Idole meiner Kindestage haben die Ehre mich in großem Stile zu entjungfern. Was nach dieser Tour bei Guns N Roses passierte und in welchen Dimensionen es weiter ging, weiß jeder. Die größte, die beste und die authentischste Rock Band des Planeten hat Mitte der 90er Jahre all ihr Talent, all ihr Potential nicht mehr ausschöpfen können. Die Straßenköter, die innerhalb von kürzester Zeit vom versifften Proberaum und volley von der angepissten Bordsteinkante zur größten Band des Planeten wurden, waren durch die Maschinerie des Rock Business in ein ganz tiefes Loch gezogen worden. Exzentrische Persönlichkeiten, Drogen und massive Ego-Probleme zerstörten Guns N Roses am Höhepunkt ihres Schaffens und ihrer Popularität. Geblieben ist makellose, zeitlose und bis heute unerreichte Musik, vier Weltklasse Longplayer namens "Appetite For Destruction", "Use Your Illusion I II" und "Lies" und mit ihnen unverkennbare und ebenso unerreichte Hits ohne Ende.
Und natürlich der unantastbare Mythos der größten und gefährlichsten Rock Band aller Zeiten...



Ich habe immer daran geglaubt, dachte aber ehrlich gesagt nicht nicht, dass es so lange dauern würde, bis ich "meine" Gunners endlich wieder (fast) so erleben dürfte, wie einst. Die Shows, die Axl Rose in den letzten Jahren mit seiner "Söldnertruppe" unterm GN'R Banner spielte sollen gut gewesen sein, für den echten Fan waren sich aber uninteressant. Genau so uninteressant, wie die bärenstarken und technisch makellosen, aber eben nicht "echten" Gunners-Hits, die Slash mit Myles Kennedy performt hat. Das war handwerklich natürlich weltklasse, aber es war eben immer nur die "halbe Sache".

Es kann nur einen geben. Guns N' Roses funktionieren nur mit Axl und mit Slash und wenn dann noch Mr. Coolness "Duff" McKagan mit dabei ist, ist es umso schöner!

Not In This Lifetime ist nun also die Parole dieser weltweit in minuteneile ausverkauften Guns N' Roses quasi-Reunion Tour. "Nicht mehr in diesem Leben" hieß es jahrzehntelang, wenn die Frage auftauchte, ob Axl und Slash nochmals gemeinsam auf einer Bühne stehen würden. Die Vernunft, die Anwälte und wohl auch die persönliche Reife haben letztendlich anders entschieden. Die Essenz der Gunners steht beinahe komplett gemeinsam auf der Bühne. Wo Slash ist, kommt Duff auch hin und dass Genius Izzy Stradlin wieder nicht bereit ist, ist zwar extrem schade, war aber auch auf der späteren Use Your Illusion Tour nicht anders....



13. Juni 2017: München steht Kopf. Die Rush-Hour erlebt wieder mal ihr blaues Wunder. 67.500 Tickets, verkauft in den ersten Stunden des Vorverkaufs. Das Olympiastadion München ist seit Monaten "sold-out" und alle Straßen um den Olympiapark sind verstopft, wie Ernst Happel's Arterien in dessen Höchstphase.

Der Darkscene-Rocktours-Tross kämpft sich schleppend vom Englischen (Bier)Garten Richtung Olympiapark. Das Kribbeln, das man als abgebrühter Profi-Konzertgänger eigentlich schon seit Jahren nicht mehr gespürt hat, ist erstmals wieder da. Herrlich. Die Vorfreude ist ebenso riesig, wie die insgeheimen Zweifel, ob Axl Rose mit mittlerweile 55 Jahren noch wirklich in der Lage sein würde, die üppige Setlist so rauszuknallen, wie wir es uns alle wünschen. Dazu aber später mehr.



Als man sich endlich den Weg ins Stadion gebannt hat und den "Todesmarsch" auf die gefühlt 6km entfernten Toiletten überstanden hat, zocken Phil Campbell And The Bastard Sons gerade ihre letzten Töne. Klar, dass der Motörhead Gitarrist mit einem trockenen "Ace Of Spades" den kurzen Set beendet. Nett, mehr kann ich dazu nicht berichten. € 4,80 für die halbe Bier ist jenseits vom Weißwurstäquator und im Land der Männer, die Bier wie Wasser trinken zwar auch kein Geschenk mehr. Solche Randnotizen sind an diesem Abend aber ohnehin irrelevant. Relevanter ist schon der Top-Flop namens The Kills. Das britisch-amerikanische Elektro-Rock Geschwader mag vielleicht in einem kleinen Club funktionieren. Auf dieser Bühne ist jede Minute dieser Band unnötig. Ein Schelm, wer daran denkt, wie schön es 1992 war, als die Gunners mit Faith No More und den damals gerade durchstartenden Soundgarden unterwegs waren.
Runterspülen, Laugenbreze und Bier tanken und bereit machen für eine der wenigen, noch lebenden Legenden. Eine der wenigen Bands, die es auch ohne Festivalschnickschnack schafft, alleine Stadien zu füllen.





"You wanted the best and they can fuckin' make it: From Hollywood: Guns N' Roses:"

20:10, Primetime: Es ist taghell, als die Videowall und das Intro alle vor die Bühne bittet und Guns N' Roses mit "It's So Easy" und "Mr. Brownstone" gleich ganz fett zwei Sleaze-Überhits vom Stapel lassen. Dass hier und heute musikalisch nicht anbrennen würde, war klar. Der Sound ist klar und (zumindest) "front of stage" absolut perfekt. Guns N' Roses 2017 sind Acl, Slash und Duff. Mit ihnen an Bord immer noch Dizzy Reed. Backgroundsängerinnen gibt's heutzutage keine mehr, dafür gehört Richard Fortus an der Gitarre, ebenso wie Frank Ferrer an den Drums mittlerweile fast schon zum Stamm der Band. Melissa Reese klopft auch in die Tasten und macht natürlich vor Allem optisch was her.



Die Hauptfrage klärt sich nach wenigen Minuten und einem erwartet entbehrlichen "Chinese Democracy" beim famosen "Welcome To The Jungle" dann auch gleich restlos. Axl Rose singt nicht nur zu 100% live. Er tanzt auch immer noch unverkennbar, er läuft über die Bühne - nicht mehr so aufgedreht wie "damals", aber so viel wie ein Mid-Fünfziger eben noch laufen kann, während er singt. Und er singt über weite Strecken großartig und wohl weit besser, als es sich die meisten erhofft haben. Natürlich war auch die Stimme Mitte der 90er Jahre (zumeist) besser, das Gebotene gibt aber keinerlei Grund zu Kritik. Makellos und perfekt waren die Gunners live sowieso nie. Dreckig waren sie immer und so passt das auch heute perfekt. Stadionrock pur und wenn es 2017 nebst "The Boss" Bruce Springsteen noch einen letzten, echten Rockstar gibt, dessen Person sowas wie der berühmte "Mythos" der Unantastbarkeit umgibt, dann ist es eben einfach Axl Rose. Alle anderen Größen sind mittlerweile ständig zu Besuch, allerorts anzutreffen und genau deshalb auch geradezu nahbar geworden. Mr. Rose war, ist und bleibt unantastbar. Genau deshalb und wahrscheinlich weil die Gunners meiner "erste große Liebe" waren und ihre Musik für mich immer noch zum Großartigsten und Heiligsten gehört, das je in mein Leben getreten ist, bin ich das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit selbst noch während der Show wieder richtig aufgeregt. Nostaglie pur. Es kribbelt, die Gänsehaut fährt Schlitten und ich freu mich eigentlich wie ein kleines Kind, meine alten Helden und ihre Jahrhundertsongs endlich wieder live und in dieser Qualität zu erleben.





War die Stimme von Axl vor allem in der zweiten Hälfte der "Use Your Illusion" Monstertour auch immer wieder mal angeschlagen, so beantwortet der Meister die wohl spannendste Frage aller Fans heute also im Handumdrehen. Axl Rose singt so superb, wie man es heute noch erhoffen kann. Natürlich ist nicht alles 100% wie auf Platte, bei manchen hohen Passagen wird auch etwas schrill und ja, die ein oder andere Pause darf und muss er auch einlegen, während seine Kumpels (oder Mitarbeiter?) sich in ein instrumentales "Wish You Where Here" oder "The New Rose" (gesungen von Duff) spielen. Richtige Ruhephasen gibt es aber während der folgenden 170 Minuten nicht und jegliche Drumsolos oder Keyboardgefrickel bleiben gottlob zugunsten großer Hits außen vor!

Kein anderer klingt wie Rose, keine andere Band klingt wie Guns N' Roses. Unverkennbar und markant. Die Gunners waren immer eine Rock N Roll Band und sie sind es auch heute noch. Die Monster-Bühnenshow war nie am Plan und ist es auch heute nicht. Klar sind die Videowalls riesig, die Einspielungen sind auch sehr cool und flashig. Mehr als ein paar Pyros und Konfettiregen sind aber nicht am Plan. Die Musik ist der Mittelpunkt und davon gibt es gottlob reichlich. "Better" ist gut, aber natürlich verzichtbar, das epische "Estranged" ist in meiner kleinen Welt hingegen einer der besten Songs, die je geschrieben wurden und schon das nächste Mega-Highlight der Show. "Live And Let Die", das grenzgeniale "Rocket Queen" und das übermächtige "You Could Be Mine" sind bereits im ersten Drittel der Show mehr Größe und Genialität, als sich 99,99% aller Musiker dieses Planeten je erträumen könnten.

Stadionrock rulez! Wenn ich hier jeden Song beschreiben müsste, würde mir schnell die Superlative ausgehen. "Coma" ist genauso wie "This I Love" eine der großen Überraschungen und funktioniert perfekt, "Civil War" ist ebenso pure Gänsehaut, wie die altbekannte, immer wieder fein neu arrangierte Slash-Interpretation des "Love Theme From Godfather". Was danach kommt, weiß jeder echte Fan: Wenn Slash den Paten spielt, steht einer der wohl größten Guns N' Roses Hits parat: "Sweet Child Of Mine" wird noch in tausenden Jahren ein Hit sein und auch hier und heute ist es eines der Highlights, gesungen aus zigtausenden Kehlen. Die 2-Stunden Marke ist bald erreicht, ein Ende noch lange nicht in Sicht.





"They're out ta get me, They won't catch me, I'm innocent, They won't break me!"

Mehr muss man nicht sagen. "It rocks" und wenn Slash und Richard Fortus eine superbe "Wish You Where Here" Version aufs Bankett legen, lässt genau so niemanden kalt. Die Show steuert ihrem offiziellen Ende entgegen. Mittlerweile ist es endlich stockdunkel, sodass auch die Bühne ihre Lightshow und die coolen Videosequenzen voll entfalten kann. Der fette Flügel steht auf der Bühne und jeder weiß was kommt. Das "echte", das "große" "November Rain". Nicht die abgemurkste Radioversion, sondern die ganze Packung Dramatik und Klasse. Axl am Klavier, die fetten Klunker an den Fingern und eine sagenhafte Stimme, die einem die Freudentränen ins Gesicht treibt. Bessere Monumentalsongs wurden nie geschrieben. Weder von Elton John, noch von Jim Steinmann oder Queen. Die Bühne ist in blaues Licht und Regen gehüllt, mehr Bombast Rock und mehr großes Kino geht nicht. Wenn Gänsehaut Kalorien killen würde, hätte ich allein in diesen 10 Minuten locker drei Kilo abgenommen!

Ähnlich denkt wohl auch die Band, weshalb sie das Stimmungsbarometer gekonnt hoch hält und mit einem sehr Reggae-lastigen "Knockin' On Heavens Door" und dem unkaputtbaren "Nighttrain" mit zwei weiteren Hochkarätern zum ersten, kleinen Finale hinsteuert.





Die Herren Rockstars, deren Auftritt (zumindest in den USA) scheinbar schlappe 3 Millionen Doller pro Nacht kosten darf, lassen sich nicht lange bitten. Es ist Zeit, einen ehrlichen und würdevollen Tribut an Chris Cornell zu liefern. Mit wundervollen Videosequenzen untermalt lassen die Gunners ein perfektes und tief unter die Haut gehendes "Black Hole Sun" vom Stapel. Axel singt so eindringlich, als ob der Song immer schon im Set gewesen wäre.
Erhaben und intensiv. R.I.P. Mr. Cornell!

War da was mit Gänsehaut? Ein massiv dargebotenes "Don't Cry" strapaziert jede Faser meines Körpers. Schade, dass dafür "Patience" außen vor bleibt, aber angesichts dieser so beeindruckenden Setlist und einer Show, die bereits knapp 150 Minuten andauert, jammern wir hier in jedem Fall auf höchstem Niveau. Umso beeindruckender, wie viele Hits da noch übrig wären, obwohl die Gunners heute knapp drei Stunden ohne Pause performen. Axl ist im Übrigen immer noch topfit. Der Blick hungrig, scharf und angriffslustig wie eh und je. Es funkelt immer noch im Auge des Tigers. "The Seeker" von The Who rockt klassisch, bevor mit "Paradise City" und unter tosendem Jubel leider das endgültige Ende der Show erklingt. Einer der besten Songs aller Zeiten. Nicht von dieser Welt, auch wenn er von Axl schon seit Jahren ein wenig "anders" und nicht mehr ganz so überragend interpretiert wird, wie man es gern hätte.

Ende, over, out! Es ist alles gesagt, alles getan und alles gehört und auch, wenn ich all das Gebotene sicherlich ein wenig mit der rosaroten Brille eines unsterblichen Fans der ersten Stunde erzählt habe: Klasse, ausladend und einfach nur geil war es allemal und im Auge jedes Einzelnen!





Man darf sich endlich wieder getrost vor Guns N' Roses, ihrer überdimensionalen Kunst, ihrer unerreichten Aura und vor ihrem unkaputtbaren Vermächtnis verneigen! . Die Not In This Lifetime Tour war und ist es ein großes Stück Musikgeschichte und jeder einzelne kann froh sein, es erlebt zu haben. Wer weiß, diesmal kann's ja wirklich das letzte Mal gewesen sein, dass wir die größte und beste Rock N Roll Band aller Zeiten in dieser Form live erleben durften...

Setlist Guns N Roses "Not In This Lifetime @Munich":

Intro

1. It's So Easy
2. Mr. Brownstone
3. Chinese Democracy
4. Welcome to the Jungle
5. Double Talkin' Jive
6. Better
7. Estranged
8. Live and Let Die
9. Rocket Queen
10. You Could Be Mine
11. New Rose (The Damned cover, gesungen von Duff)
12. This I Love
13. Civil War
14. Yesterdays
15. Coma
16. Slash Guitar Solo (incl. "Johnny B. Goode" snippet & "Godfather Love Theme")
17. Sweet Child O' Mine
18. Out Ta Get Me
19. Wish You Were Here (Pink Floyd cover: Slash & Richard Fortus guitar duet)
20. November Rain
21. Knockin' on Heaven's Door
22. Nightrain

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23. Black Hole Sun (Soundgarden cover)
24. Don't Cry
25. The Seeker (The Who cover)
26. Paradise City

Outro: You Know My Name (Chris Cornell song)

...die gelungenen Youtube Clips haben wir von Ollie Fabeck....thanks man !





PS: Für alle Wichtigtuer, die Haare in der Suppe finden wollen: Die Gunners hatten live immer schon verschiedenste Rock Klassiker als Coverversionen am Start. Slash hatte immer seine Solomomente .... also nix mit Nörgeln, zumal es mittlerweile nicht mal mehr ein Schlagzeugsolo gibt....

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