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Skanners, Anguish Force, Holy Martyr, Prodigal Sons, Game Over, Sacrificator, Ruler, Mad Mechanics, Paraxite
16.06.2012, Radstation Bios, Atzwang 
Atzwang Metal Fest  
Absolutes Kaiserwetter, Sonne satt und das herrliche Dolomitenpanorama direkt an der Eisack. Eine stimmungsvollere Kulisse kann man sich für das Atzwang Metalfest gar nicht denken. Und erst das leckere Biobier....
Bruder Cle
Bruder Cle
(7 Live-Berichte)
Absolutes Kaiserwetter, Sonne satt und das herrliche Dolomitenpanorama direkt an der Eisack. Eine stimmungsvollere Kulisse kann man sich für das Atzwang Metalfest gar nicht denken. Und das leckere Biobier, das dort vom Wirt, einem eingesessenen Biopionier, ausgeschenkt wird tut sein Übriges, damit die Betriebstemperatur schnell erreicht wird. Besagter Wirt, schätzungsweise deutlich über 60, auf die Frage, warum ausgerechnet er ein Heavy Metal-Festival veranstaltet: "Ach, ich war immer schon ein wenig anders. Früher haben mich alle ausgelacht. Bio? Das hat keiner verstanden. Und ich wollte daher auch nicht die übliche Schiene fahren und ein weiteres Grillfest mit Volksmusikuntermalung veranstalten. Und da ergab sich das mit den Jungs von Anguish Force. Und ganz ehrlich: die Musik ist toll und gefällt mir." Daran könnten sich die Hüttenwirte hierzulande ruhig mal ein Vorbild nehmen.



Ungefähr eine Hundertschaft Die-Hard-Metalheads, allen voran die KIT-Veteranen von Trento bis Mailand geben sich also ein Stelldichein anlässlich der alljährlichen Heerschau der italienischen True-Metal- und Thrash-Szene. Leider fehlen auf den ausgehängten Zetteln mit der Running Order zwei Hochkaräter: Die legendären und geplanten Headliner Skanners und die Black Thrasher von Sacrificator sind aus bis zum Schluss unerfindlichen Gründen nicht vor Ort. Schade drum. Andererseits gibt es auch keinen Grund zum Klagen, schließlich ist das Festival umsonst und draußen und überhaupt.
(Bruder Cle)

Nachdem zu einem Festival nie nur die Bands zählen, sondern vielmehr auch das ganze Drumherum seine Wichtigkeit hat, lässt es sich natürlich auch die Innsbrucker Delegation nicht nehmen, am Weg zum Hotel die wunderbare Natur der Umgebung zu bewundern. Böse Zungen behaupten zwar bis heute, dies sei nur geschehen, weil der Routenplaner bei der Entfernung zwischen Hotel und Festivalgelände die Distanz mit den Höhenmetern verwechselte bzw. statt auf „Auto“ auf „Seilbahn“ eingestellt war, wir bestehen jedoch darauf, dass es mit voller Absicht und geplant passierte.
Doch jeder Ausflug bringt auch seine Nachteile, weshalb wir Gawither, die das diesjährige Line-Up eröffnen, bis auf die letzte halbe Nummer versäumen. Auch wenn spontan die Trauer hierüber aufgrund des eher bescheidenen Eindrucks nicht gerade groß ist, kann hier fairerweise nichts über den Auftritt geschrieben werden.
Auch die folgende Band Mad Mechanics kann die immerhin zur Hälfte anwesende Tiroler Fraktion nicht überzeugen. Da hilft auch der starke Motörhead-Einschlag wenig, wenn die Qualität einfach nicht passt. Auch auf das noch recht überschaubare Publikum springt der Funke der Begeisterung nicht gerade über, was jedoch den Bierkonsum bereits zu recht früher Stunde ankurbelt.


(das Gelände)

Mit den 2011 gegründeten Paraxite aus Cremona steht auf Startplatz 3 mit Sicherheit eine sehenswerte Underground-Italo-Speed-Combo auf der handwerklich geschickt gezimmerten „Bühne“, welche mich jedoch nicht vom CD-Stand weglocken kann. Bin ich gerade im Speed/Thrash-Bereich sehr wählerisch – weil eigentlich nicht mein Hauptinteresse – geht für mich die Kombination Sonnenschein mit 30°, nicht perfekter recht unmelodiöser Thrash und Nüchternheit überhaupt nicht.
Seis wies sei, die kommenden Bands versprechen mehr und das Eintreffen der Tiroler Nachhut sorgt für einiges Schmunzeln. Nicht nur wegen der günstigen Taxikosten sondern vor allem auch weil manche offensichtlich die Serpentinen zum Hotel so schön finden, dass sie den Weg gleich mehrfach fahren, um Autoschlüssel hin und her zu tauschen.
Nach ein paar Gläsern Bio-Bier und Basilikum-Verdünnungssaft (!) sowie dem obligatorischen dreistelligen Obolus am "My Graveyard Productions"-Stand kann der Hauptteil des Atzwang Metalfest 2012 beginnen.
(Tschak)


(der Technikturm)

Mit Ruler steht dann eine Band auf den Brettern, die mit ihrem Debütalbum schon für einiges Aufsehen in der Presse sorgten. Die fette, old-schoolige Mischung aus Maiden und Exciter erinnert entfernt etwas an Bands wie Enforcer. Vor allem vom Energielevel her. Während der wirklich begnadete Gitarrist stark an eine Italo-Version von Charles Bronson erinnert, hechtet der Sänger in einer kurzen Fußballshort über die Bühne, für die ich ihm nach dem Gig die rote Karte zeige. Pfui-Deibel! Die ansonsten aber in feinstes Tuch gehüllte Band (Shirts von Sortilège und Medieval Steel sind ein klares Statement!) überzeugt auf ganzer Linie und blamiert sich auch nicht bei dem Cover von Tokyo Blades "If Heaven Is Hell". Leider bleibt zum Schluß keine Zeit mehr für das im Soundcheck angestimmte "Rock You To Hell" von Grim Reaper. Unterm Strich auf jeden Fall ein Hammergig einer Band mit Zukunft.
"Letztes Jahr war das Jahr von Asgard, aber heuer wird es das von Game Over". Sänger Mace von Asgard versucht sich schon im Vorfeld des Auftritts von Game Over als Prophet. Und die ebenfalls aus Ferrara stammende Band erweckt tatsächlich den Eindruck, als wolle man die Welt im Sturm nehmen. Im lustigen „Overgrill“-Shirt und mit viel Spaß in den Backen entzünden die Jungs ein richtiggehende Mosh-Feuerwerk, welches in den Covers von Anthraxs "Metal Thrashing Mad" (mit Gastsänger Mace am Mikro!) und Death Angels "Kill As One" seinen Höhepunkt findet. Aber auch die stark von Bands wie Nuclear Assault, S.O.D. und D.R.I. beeinflussten Eigenkompositionen haben es in sich. Eine weitere starke Band auf My Graveyard Productions, wo im Jänner dieses Jahr ihr Debütalbum "For Humanity" erschienen ist. Apropos My Graveyard. Labelboss Giuliano hat sich mit einem großen, wohlsortierten Verkaufsstand vor Ort eingerichtet und kann sich über den Zuspruch nicht beschweren. Kein Wunder also, dass man auch ihn immer zufriedener grinsend an der Biertränke findet und die Rabatte im Laufe des Abends immer größer werden, was wiederum für regelmäßigen Pendelverkehr zwischen CD-Stand und Parkplatz sorgt. Sehr sympathisch!


(das Atzwang-Totem)

Holy Martyr, wohl eine der geheimnisvollsten, obskursten und coolsten Epic Metal-Bands dieses Planeten sind in Italien – man glaubt es kaum – sehr aktiv und ständig am Spielen, während die Rest der Welt der Band die kalte Schulter zeigt. Völlig zu unrecht, denn Holy Martyr haben mittlerweile – dank eines leichten stilistischen Schwenks auf ihrer letzten Platte – deutlich vielschichtigeres Material am Start als früher und wechseln zwischen im Stechschritt vor sich hin marschierenden Doomwalzen und speedigen Power Metal-Stücken hin und her. Originalzitat: „Es ist extrem schwer, nur Epic Metal zu spielen. Und live wird das auch schnell langweilig. Deshalb sind wir froh, dass wir jetzt etwas mehr Abwechslung im Set haben.“ Und tatsächlich gerät der Auftritt der Kultband zu einem extrem kurzweiligen Event und zum quasi Höhepunkt des Festivals.
Mit welchen Vorschußlorbeeren wurden nicht Prodigal Sons schon überhäuft. Vom besten Sänger Italiens war da die Rede, von einer kauzig-proggigen Sensationscombo usw. Tatsächlich klingen die Stücke der Debüt-CD "On Our Last Day" in etwa wie eine Mischung aus Dark Quarterer und Praying Mantis, also an deutlich 70er Jahre inspirierten, progressiv angehauchtem NWOBHM. Und das geniale Crimson Glory-Cover "Red Sharks" hatte ja schon auf You Tube für Furore gesorgt. Auch an diesem Abend wird dieses Stück zum besten im Set der Italiener, die ansonsten einen rabenschwarzen Tag erwischen. Nicht nur dass der Mann am Mischpult ein tauber Autist zu sein scheint, auch spielerisch läuft heute bei Prodigal Sons nichts aber auch gar nichts zusammen. Da wird gepatzt, geschrammelt und vor lauter Soundbrei sind die einzelnen Stücke auch kaum wieder zu erkennen. Feinheiten gehen in diesem Klangdesaster leider ebenfalls verloren. Die Band konnte einem richtig leid tun. So war es auch nicht verwunderlich, dass viele eher mal die Zeit nützen, sich mit Biowurst, Polenta und einem Gläschen Bio-Himbeerschnaps zu stärken. Und auch die Sonne versteckt sich schamhaft hinter den Berggipfeln und breitet gnadenreich das Tuch der einsetzenden Dunkelheit über die Szenerie.


(Prodigal Sons)

Und während der Promillespiegel ständig steigt, finden sich auch immer mehr nichtmetallische Adabeis im Garten der Radstation ein, um den local heroes und Veranstaltern Anguish Force ihre Aufwartung zu machen. Und die ziehen auf jeden Fall alle Register und legen sich mit ihrem gutartigen, leicht Blind Guaridan/Iced Earth angehauchten Speed Power Metal voll ins Zeug. Provinziellen Charme hat das ganze hier nicht mehr, denn auf den Brettern steht auf jeden Fall eine professionelle Band mit Format. Wenn es den Jungs in Zukunft noch gelingt, ein paar Stücke mit wirklich zündenden Refrains aufzunehmen, wäre die Tür für eine internationale Karriere sicher weit offen. In der Zwischenzeit verneigen wir uns schon auf jeden Fall schon mal zum Dank für die Organisation dieses genialen Mini-Festivals, das an Charme und Kultfaktor nicht zu übertreffen ist. Grandios! Und bis zum nächsten Jahr – wir kommen definitiv wieder.
(bc)

Berichterstattung von Bruder Cle (bc) und Tschak
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