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Napalm Death, Immolation, Macabre, Waking The Cadaver
26.11.2010, Kulturfabrik, Kufstein
Es begab sich im Jahre des Death Metal 1992, dass ich in der Hochphase dieser Musikrichtung und vollends angefixt von Dismember und Obituary auf deren Konzert in der Münchner Theaterfabrik so eher beiläufig in den Genuß meiner ersten Napalm Death–Show kam, die mich seinerzeit mit ihrer unbändigen Live-Power schlichtweg niedergebügelt hatte. Nach diesem in Mark und Knochen gehenden Liveereignis fieberte ich auch heute wieder einmal der anstehenden Napalm Death-Show entgegen. Eines gleich vorweg…Napalm Death enttäuschten nicht, ganz im Gegenteil!
Doch bevor es an die Schilderung der Show des Headliners sowie Immolation geht, übergebe ich an den Kollegen Chris, der euch von den ersten Anheizern dieses Abends (Waking The Cadaver, Macabre) berichtet: Waking The Cadaver Die Amis Waking The Cadaver durften die ehrenhafte Aufgabe übernehmen, diesen hochkarätigen, frisch verschneiten Abend zu eröffnen. Die Band selbst bezeichnet ihren Stil als „Slamming Gore Groove“, aha, meiner einer würde es eher weniger dramatisch angehen, und das Ganze als Deathcore bezeichnen. Einige Leser dürften bei dieser Bezeichnung auch schon gleich die Nase rümpfen, und so unrecht habt ihr gar nicht: Das Hauptproblem dieser Schildkappen/Shorts/Studentenfrisuren-Kapellen liegt in ihrer Austauschbarkeit, die zumindest für ungeübte Ohren offensichtlich ist. Technisch topfit, ganz ohne Frage, lockten Waking The Cadaver also vermehrt die jüngeren Semester vor die Bühne, in gar nicht niederer Menge, wo gleich auch ein Moshpit und die für diese Szene obligatorischen, seltsamen „Tanzbewegungen“ angekurbelt wurden, sodass auch gleich Stimmung aufkam. Nicht ganz die Baustelle der vertretenen Darkscene-Mitarbeiter, doch den Leuten hat`s augenscheinlich gefallen! Macabre Und schon munter weiter im Schritt, sollte doch nun das eigentliche Highlight, der heimliche Headliner der Herzen, die Lieblinge aller mit gutem Geschmack gesegneten Musikliebhaber die KuFa beehren: Macabre!! Und die schröcklichste, grausame Wahrheit gleich zu Beginn: Frontmann Corporate Death` Vokuhila ist ab!!! Ich bin enttäuscht… dafür schaut Basser Nefarious noch fertiger aus, als noch vor ein paar Jahren, kaum zu glauben…Doch ernsthaft jetzt: Es stand schon zu befürchten, dass das zuvor so turntaugliche Waking The Cadaver-Publikum mit den gestandenen Helden von Macabre wenig bis gar nichts anfangen wird können, und so ist es zu Beginn der Show doch noch sehr licht in den Reihen vor der Bühne, die meisten beäugen das Ganze vorsichtig, misstrauisch und unsicher von hinten aus. Doch ganz egal eigentlich, das Trio startet sensationell mit dem Klassiker "Zodiak" in ihren Set, es folgen "The Iceman" und der Mitgröhler "Fritz Haarman, der Metzger", dass sich bei der neuen Nummer "Nero`s Inferno" ein ordentlicher Schnitzer einschleicht, macht Macabre eigentlich nur noch sympathischer, "Scrup A Dub Dub", noch ein nigelnagelneues "Burke and Hare", "Hitchhiker" und das finale, köstliche "Vampire Of Dusseldorf" setzt den Schlusspunkt unter eine viiiiel zu kurze Show! Auch der Sound darf als gut bezeichnet werden, den hat man schon viel schlechter erleben dürfen, wobei verständlicherweise die komplexen, detailverliebten Songaufbauten Macabres auch schwierig abzunehmen sind, außer man ist `mal auf Headlinertour. Schräg und anders, einzigartig und vielleicht auch mit einem Prischen Wahnsinn gesegnet, ist die Kunst der Amerikaner sicher nicht jedermanns Sache, ganz klar, jedem Infiziertem beschert sie allerdings Glückseligkeit! Was könnte man über Macabre schwadronieren, Stunden, Tage, über musikalische Fähigkeiten, über Humor, doch wollen wir es hier und jetzt kurz halten, der Schreiberling dieser Zeilen dreht sich mehr als zufrieden um, ordert sich ein gekühltes, blondes Getränk, nimmt sich am Weg noch schnell die (saugeile) neue Scheibe mit und darf somit an dieser Stelle den Ball an Kollege RedStar abgeben! Immolation Um 21.45 war die Zeit des urwüchsigen US-Death Metal gekommen. Die Veteranen Immolation entfachten (obwohl die Band zeitlebens ihres Bestehens aus der zweiten DM-Reihe agierte) ein Death Metal Strohfeuer, dass dem geneigten, linientreuen DM-Fan warm ums verrottende Herz wurde. Die New Yorker Knüppelmeister rund um den mit arschlangem Haupthaar ausgestatteten Fronter Ross Dolan nützten die ihnen zur Verfügung stehenden 45 Minuten weidlich aus und knallten den anwesenden Fans kompromisslos Hämmer wie "Father, You're Not a Father", "Once Ordained" oder "World Agony" vor den Latz. Stumpf war trumpf und obwohl der Old School Death Metal der Amis nicht jeden zu begeistern vermochte, konnten Immolation bei vielen der Anwesenden Sympathiepunkte sammeln. Napalm Death Gegen 23.00 Uhr öffneten sich dann in der Kufa die Tore zur Hölle. Mit dem Betreten der doch recht niedrigen und nicht gerade überdimensionierten KuFa-Bühne entfachten die Hohepriester des (vermeintlichen) Chaos die pure musikalische Infernis! "Downbeat Clique" vom letzten Album "Time Waits for No Slave" markierte den gekonnten Seteinstieg, das fanatische Publikum (bestätigte 280 Besucher) ließ sich nicht lange bitten und ging im Moshpit sofort steil. Napalm Death sind live eine Bank, das weiß sogar die „Normalo-Metalfraktion“. Auch an diesem Abend streckte das britische Lärmkommando um Aktivposten Barney Greenway das Publikum wie eine Supernova, ein Stern, der explodiert und die Gesteinbrocken mit urwüchsiger Kraft in alle Richtungen katapultiert, nieder. Eine derartig unbändige Livepower, einen solchen Druck von der Bühne herunter, eine derartige musikalische Brutaliät, Durchschlagskraft, Rabiatheit & Intensität darf man live selten erleben. Der blubbernd-brodelnden Grindcore-Ursuppe der 80er Jahre entstiegen, konnten sich Napalm Death im Laufe ihrer nunmehr über 25 Jahre währenden Bandkarriere am immer härter werdenden Musikmarkt behaupten und – nicht zuletzt aufgrund der energetischen und brachialen Live-Shows - sukzessive zu einem Fixstern am Extrem-Metal-Himmel mausern, der noch immer hell am Himmel leuchtet. Mark "Barney" Greenway brüllbellte sich die Seele aus dem Leib und stapfte – wie von der Tarantel gestochen - wie eine gefährliche Mischung aus wildgewordenem Pitbull-Terrier und einem archaischen Berserker über die Bühne. Dass es sich bei Barney um einen eher ruhigen, tiefgründigen Zeitgenossen handelt, der sich auch bereitwillig für Fanfotos zur Verfügung stellt, möchte man angesichts der zur Schau gestellten Dynamik und Aggression kaum glauben. Der zuletzt sehr in Nebenprojekten (u.a. Insidious Disease) engagierte und um einige Kilo leichtere Kultbasser Shane Embury vermochte seinen Bewegungs- und Aktionsradius ebenfalls auszunützen, wohingegen sich Gitarrist Mitch Harris aufs Shreddern, Bangen und abgedrehtes „Ins-Mikro-Kreischen“ beschränkte. Danny Herrera an den Drums knüppelte wie ein Uhrwerk und zimmerte den für den Brachialsound nötigen Bollerteppich zusammen. Gemäß dem angekündigten Motto, viel älteres Material zu spielen, folgte eine in ohrenbetäubender Lautstärke aus den Boxen donnernde Abrissbirne aus dem verblichenen Jahrtausend der nächsten. Die Setlist deckte trotzdem den Großteil der Napalm Death – Veröffentlichungen ab, machte aber auch unmissverständlich klar, dass die leichte Hinwendung zum Death Metal vor allem auch live den Groove-, Mit- und Abgehfaktor der Grindcore-Band immens erhöht hat (obwohl nur 5 der genialen Hymnen der Apokalypse aus diesem Jahrtausend stammen). Lobenswert ist dabei zu erwähnen, dass der infernale Sound (obwohl er mächtig aus den Boxen föhnte) äußerst transparent und differenziert war. Dass die Briten Fans von Coversongs sind, haben sie mit den beiden "Leaders Not Followers"-Teilen bewiesen, ob aber wirklich 3 Coverversionen nötig gewesen wären, sei dahingestellt, ich persönlich hätte gerne noch einige groovigere Mördernummern wie "I Abstain", "Mass Appeal Madness", "The Infiltraitor", "Plague Rages" oder "Breed to Breathe" gehört. Die "Scum" – Kult-Quadriga "Scum", "Control", "M.A.D." und der 1-sekündige Track "You Suffer" markierte die endgültige musikalische Zeitreise in die graue Vergangenheit der Grindcore-Legende (1987). Doch auch dieser Abend machte unmissverständlich klar, dass Napalm Death – obwohl eigentlich Grindcore/Extreme/DeathMetal mit dem einen Bein tief in der Hardcore, mit dem anderen in der Crust/Punkkiste stehen. Wie immer interessant zu beobachten, wie der Moshpit (nix Circlepit, Metalcore-Bubis!) vor der Bühne mit fortwährender Konzertdauer immer ruhiger, sprich müder, wurde, tragischerweise ist in diesem Zusammenhang eine komplett zertrümmerte Nase eines Besuchers zu beklagen (Die DS-Crew wünscht auf diesem Wege baldige Genesung!). Dass ein Extrem-Konzert wie heute aber auch komplett verstrahlte Vollidioten mit unkontrolliertem Schattenbox- und Brutalorempeldrang anzieht wie Schei*e die Fliegen, ist leider Fakt. Zwischen den einzelnen Ballerorgien folgten die obligatorischen, politisch angehauchten Bühnenansagen des liveerfahrenen Haudegen Barney, der es gekonnt versteht, seine sozial- und gesellschaftskritischen, teils politischen Texte in geiles Grindgemetzel zu verpacken. Frenetische Reaktionen rief schlussendlich die Quasi-Bandhymne (obwohl Dead Kennedys – Cover) "Nazi Punks Fuck Off" hervor, bevor mit "Suffer The Children" und "Instint of Survival" 2 Altklassiker das einstündige Set beschlossen. Napalm Death sind auch 2010 Liveenergie in der pursten, reinsten Form und unterstrichen auch an diesem Abend wieder, dass sie die uneingeschränkten Könige des Extremmetals sind….Black Metal hin, Deathcore her! Jeder, der heute abend nicht dabei war, hat nach den diversen Highlights der letzten Monate (Annihilator, Sabaton etc.) das Konzerthighlight des Jahres am Brachialsektor verpaßt. Gleichzeitig dürfen die 4 Herren stolz darauf sein, auch im Jahre 2010 mit solch extremer Musik in der Metalprovinz Kufstein/Tirol knapp 300 Leute zu ziehen. Napalm Death - Wichtige, tolle Band, See You Again Soon!!! Ein Grindgott samt Jüngern... Setlist: - Downbeat Clique - Hung - Continuing War On Stupidity - Next On The List - When All Is Said And Done - If The Truth Be Known - Lucid Fairytale - Social Sterility - On The Brink Of Extinction - Mentally Murdered - The World Keeps Turning - Pride Assassin - Conform (Cover Siege) - Politicians (Cover Raw Power) - Greed Killing - Scum - Control - M.A.D. - You Suffer - Nazi Punks Fuck Off (Cover Dead Kennedys) --- - Suffer The Children - Instinct Of Survival Photocredits: RedStar@Darkscene.at |
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