Herzlichen Dank an Markus Winkler von Mars Music Productions, der uns
Red Eye Temple ins imaginäre Postkastl gelegt hat. Die Konstellation jener Kapelle hat in Puncto Gesamtpaket gewissermaßen Seltenheitswert, handelt es sich schließlich um ein sibirisches Geschwister-Trio, das in unserer Bundeshauptstadt seine zweite Heimat fand, doch offensichtlich nicht nur des Kulturaustausches oder des Klimaunterschieds wegen: man schreibt sich fein gewebten, herzerfrischenden und völlig stressfreien Progressive Metal auf die Fahne, der es qualitativ mit den sogenannten Großen aufnehmen kann!
Eine latent mystische und dezent verschnörkelte Soundkultur, welche nicht zuletzt aufgrund des Melodiereichtums des Öfteren
Dream Theater Affinitäten zum Vorschein bringt, erregt des Hörers Aufmerksamkeit. Insbesondere die verspielte, aber nicht minder gefühlvolle Gitarrenarbeit von Mat Plekhanov entfaltet einen Griffbrettzauber, der jenseits des Atlantiks bei einem gewissen Herrn Petrucci seinen Ursprung hat. Ein weiteres positives Signal ist die für Independent-Label Verhältnisse durchwegs opulente und glasklare Produktion, wobei beim löblichen Mix allen Instrumenten die notwendigen Räume zugeschanzt wurden. Ungezwungen nimmt Frontlady Maria Nesh den Lauschwilligen an dessen Hand, um ihn in eine ästhetische Parallelwelt zu entführen, von der man nicht mehr so schnell zurückkehren will. Zum Glück erweist sich der Gesang jener Dame, die sich nebenbei erwähnt auch optisch gut zu verkaufen weiß und beim Track
"Patterns" von Siegfried Samer (
Dragony) unterstützt wird, als akzentuiert & kraftvoll und wähnt sich von dem mittlerweile inflationären Operettengeheule – à la eh schon wissen wer – weit, ja sehr weit weg. Da fällt mir wieder die Genialität der weit unter Wert geschlagenen
Aghora ein, die 2007 ihr letztes Lebenszeichen (
"Formless") gaben.
Und tatsächlich: Das detailverliebte Songwriting offenbart vom Opener
"Pareidolia" bis zum Rausschmeißer
"Ashes Fall" allerlei Facetten und dynamische Sequenzen, sodass es keinen nennenswerten Schwachpunkt während dieser fünfundvierzig Minuten zu orten gibt, im Gegenteil sogar: kurz vorm Auskehrschwung juckt einem der Zeigefinger Richtung Repeat-Taste! Ach ja.
"Vortex" gibt es derzeit nur als Download und Stream. Aber wer weiß? Vielleicht kommen Freunde physischer Tonträger irgendwann auch in den vollen Genuss dieses Prachtstücks.