Na schau. Ein US-amerikanisches Kollektiv, welches seine Vision von vorsintflutlichen Progressive Rock im Jahre 2016/17 an den Mann bringen will. Nun ja, klingt zunächst nach einer weiteren überflüssigen Ausgeburt des Classic/Retro/Vanish Rock Revivals, das wir seit gut sieben Jahren erleben "dürfen". Braucht das noch jemand? Werden sich nicht wenige fragen. Aber langsam, bei
Eye aus Columbus/Ohio rentiert sich eine akribische Begutachtung des Interieurs vollauf. Denn auf
"Vision And Ageless Light" entsteht zu keiner Sekunde der Eindruck, auf den mehr oder weniger abgefahrenen Trend-Zug noch rasch aufzuspringen, als Bandphilosophie. Außerdem handelt es sich nicht erst um ein Debüt, sondern um das bereits dritte Studioalbum.
Der weiche Gesang, die verträumt-obligatorischen Mellotron Klänge, die harmonisch pointierten Breaks sowie die bizarr anmutenden Stimmungswechsel mögen mal nicht jedermanns Geschmack treffen, für meine Auffassung passen alle vorhandenen Puzzle Teile allerdings wunderbar zusammen. Umhüllt ist das Potpourri dann noch von einem latenten Okkultschleier, der unter anderem Namen wie
The Devil's Blood herauf beschwört. Na gut, die ursprünglichen Inspiratoren sind auch hier einmal mehr die endgültig in Rente schleichenden Düstermeister von
Black Sabbath. Frühe
Rush und
ELP Zitate trifft man im weiteren Verlauf genauso an wie
Hawkwind (Lemmy Kilmister's Arbeitgeber VOR
Motörhead) Einflüsse, letztere speziell in den sphärisch/psychedelischen Momenten. Und nein, das Staunen reißt bei
"Vision And Ageless Light" nie ab, sofern man sich auf dieses Kopf & Bauch Kino samt Haut und Haar einlässt! Der organische Soundmix (Terry Brown) vermittelt zudem das Flair im early-'70-look nahezu authentisch und das Vintagestyle-Coverartwork (Hugh Syme) tut selbstverständlich sein Übriges.
Hier sind ganz klar Überzeugungstäter am Werk. Einerseits werden konventionelle Songstrukturen mit Leichtigkeit entzaubert, andererseits spürt man jederzeit die Liebe zum Detail. Und: eine jähe Leidenschaft hinter jeder Note. Über all den aufgezählten Komplimenten thronen für mich jedoch der unbändige Fluss und der eigensinnige Charme dieses durchwegs mutig arrangierten Werks, das so ziemlich alles, nur nicht Massen-kompatibel ist. Erfrischend, fesselnd, hypnotisch, und so nebenbei ein verspäteter Topkanditat des abgelaufenen Plattenjahres!
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