Da glaubt man seit zwei Dekaden, via
"Cycles" (1994) das offizielle Debüt der Ostküsten Metaller zu besitzen, doch plötzlich wird man beinahe eines Besseren belehrt: weil da gab es ein Album namens
"Lifetime In Hell", das 1991 kurz vor dem Release stand, aber im letzten Moment wegen vertraglicher Differenzen zwischen Label und Band zurückgezogen wurde. Retrospektive schwer zu sagen, ob
Wicked Maraya mit dieser Veröffentlichung 1991 mehr Zuspruch erhalten hätten, denn die Grunge-Welle steuerte hier bereits ihrem Höhepunkt zu, wodurch das Gros an Traditionskapellen in harte Zeiten glitt. Genau genommen waren die Jungs um Ausnahme-Timbre Lou Falco aber schon einen Schritt voraus, klangen dazumal moderner und eigenständiger als die meisten Konkurrenten. Dass sich dazumal kaum ein Schwein für einen Klassiker wie
"Cycles" und für den Nachfolger
"No Hope for Humanity?" (unter
Maraya - 1996) interessierte, bleibt mir trotzdem ein ewiges Rätsel.
Die New Yorker haben sich vor fünf Jahren still-klang-heimlich zusammen gerauft und befanden es als essentiell, die Geschichte des eigentlichen Erstwerks neu aufzurollen, indem es in einem würdigem Rahmen inklusive zwei nagelneuer Songs via Massacre Records veröffentlicht wird. Wie
"Cycles" wurde
"Lifetime In Hell" dazumal von Produzentenlegende Jim Morris druckvoll endveredelt und vermag heutigen Standards durchaus zu trotzen. Alles in Allem agierten die Jungs thrashiger als in den Folgejahren, wobei der Power Metal klar im Mittelpunkt stand. Die oft vorkommenden, perfekt implementierten Akustikparts von
"Cycles" sind dementsprechend wenig vor Ort, als dass die Break-Schlagzahl eine vergleichsweise hohe darstellt. Die drückend-düstere Aura ist dennoch unverkennbar. Einzig allein der Track
"Johnny" ist einem sofort vertraut, weil er in leicht modifizierter Version für
"Cycles" nochmals eingespielt wurde. Und der Rest?
Dass der eingängige Opener
"Sounds Of Evil" nur bedingt für das ganze Werk repräsentativ ist und dabei nach einer verfrühten Hommage eines
Iced Earth-Spätneunziger-Songs klingt, soll schon mal das hohe Level der Frühphase unter Beweis stellen. Eine Spur komplexer, aber deshalb noch keine „Prog-Adelung“ abstaubend, zeigt sich anschließend das Herzstück, um bei
"Tomorrow’s Child" wiederum straighter und vor allen Dingen sentimentaler die Hörerschaft zu bedienen.
"River Runs Black" startet immerhin in graziler
Crimson Glory Manier, ehe Stakkato-Riffs und gen Finale ein Bombastreigen das Ruder übernehmen – sicher nicht übel, aber spätestens jetzt erkennt man ein paar Haarrisse im Songwriting, was sich bei
"Crash & Burn" und
"The Calling" bereits dezent ankündigt.
"Seizure" könnte wiederum aus Jon Schafers Feder entsprungen sein und ist zugleich mit
"Blackout" das schnellste Stück auf dem Rundling, letzterer markiert quasi das
"Whiplash" der Eastcoast'ler. Beim schon angesprochenen
"Johnny" ist der zentrale, speed'ige Zwischen-Part zunächst befremdend, doch so oder so: er war, ist, und bleibt ein geschmeidiger Hit. Dass
"Lifetime In Hell" nachträglich so etwas wie Existenzberechtigung hat, steht außer Frage, an der Dichte und Souveränität von
"Cycles" vermag die Spätgeburt jedoch nicht ernsthaft zu kratzen.
Bleibt zum Schluss die Frage, wie es denn in Sachen gegenwärtiger Kreativität, also bezüglich der neuen (Bonus-) Tracks ausschaut. Der eingängige Doppelbass-Klopfer
"Fall From Grace" und das an
"Another Day" erinnernde
"Suicidal Dawn" (siehe Videoclip) sind zwei lobenswerte Songs, die für meine Auffassung sowohl den frühen (Neunziger) Spirit inne halten, als auch den aktuellen Zeitgeist durchaus streifen. In der Form dürfen die seit 2011 wieder vereinigten Herrschaften gern ein komplett neues Scheibchen aufnehmen, weil was soll da schon schiefgehen?