Zunächst wollte ich meinen Ohren nicht trauen, es sei denn, ich hätte davon gewusst, dass ex-
Conception/
Kamelot Frontmann Roy S. Khan was neues am Start hat. Was ja nicht der Fall ist. Dazu kommt noch, dass
Black Fate weder aus den USA, noch aus Norwegen, sondern aus der kulturellen Hochburg stammen, wo man im Gegensatz zur seit Jahren aufstrebenden Metal-Szene versucht, den bereits eingetretenen finanziellen Kollaps mit allen noch so fragwürdigen Mitteln hinaus zu ziehen. Somit darf meine Wenigkeit als winzigen Kontrapunkt zur tagtäglichen Medienberichterstattung gegen Grinsekatze Varoufakis und Co. zwischendurch auch mal positives über jene Nation berichten, deren prägende Historie und 'zig Monumentalbauwerke derzeit eine Art Schattendasein fristen müssen.
Nicht nur die unumstößliche Tatsache, dass
Black Fate Sänger Vasilis Georgiou fast zu 100% gleich tönt wie Khan, macht die Jungs sympathisch. Auch der Fakt, wonach die Truppe bereits 1990 gegründet, aber trotz weniger offizieller Veröffentlichungen nie eingestampft wurde, gibt einem irgendwie das gute Gefühl, hier von Routiniers vernascht zu werden – anbei darf man einen Mann wie den später eingestiegenen Gus Drax nicht so außer Acht lassen, zockte das Shredder-Ass immerhin eine Zeit lang bei den Briten von
Biomechanical und bei
Paradox aus Deutschland mit. Nach fünf Jahren Pause (die drei Longplayer von 2002/2003/2009 sind dem Schreiberling noch unbekannt) haben die Hellenen für ihr viertes Werk etwas konserviert, was anderen zu oft fehlt: ausbalancierte, keineswegs aufdringliche und dennoch ausnahmslos ansprechende Tracks, die zwischendurch auch mal die Frechheit besitzen, einfach nur simpel rockig zu sein - allerdings ohne dabei in Plattitüden abzurutschen. Dadurch fühlt man sich mehr an die letzten beiden
Conception Großtaten
"In Your Multitude" (1995) und
"Flow" (1997) erinnert, als an den jüngeren
Kamelot Backkatalog, der bei aller Professionalität und Beliebtheit relativ vorhersehbar klingt - doch ich lasse mich demnächst gerne eines Besseren belehren.
Und ja. Wie
Evergrey,
Masterplan,
Symphony X und viele andere benutzen auch
Black Fate Keyboards, um dem Liedgut eine feine Nuance zu verleihen. Dies alles jedoch in einer gut verträglichen Dosierung, wodurch der druckvolle Gitarrensound weitgehend omnipräsent bleibt. Dass bei manch wenigen Passagen dann doch eine Portion Sentimentalität durchbricht, sei
Black Fate einfach mal verziehen. Wer also den charismatischen Roy S. Khan und sein Vibrato schmerzlich vermisst, in dieser Notlage dafür bereit ist, den imaginären Liebesakt mit dessen stimmlichen Bruder auszutesten, muss im Moment all seine verfügbaren Sinne in Richtung Thessaloniki lenken. Prog/Power Metal Empfängliche dürften bei
"Between Visions & Lies" - und da bin mir trotz des Albumtitels äußerst sicher - kaum enttäuscht werden.