Die bisherige Überraschung des Jahres liefern
Dawn Of Destiny aus Bochum. Bislang hatte ich die Band nicht wirklich am Radar, aber was uns die Deutschen mit diesem Konzeptalbum über das Schicksal eines jungen Mädchens, das durch einen von ihrer Mutter verschuldeten Autounfall im Rollstuhl landet, vor den Latz ballern, ringt mir tiefste Hochachtung ab. Entsprechend der traurig und beklmmenden Story wurden auch die Kapitel von
"F.E.A.R." (steht für "forgotten enslaved admired released") aufgebaut und stimmungstechnisch höchst emotional umgesetzt. Düster und völlig ohne jeglichen Kitsch arrangiert, bieten
Dawn Of Destiny auf diesem Juwel eine Mischung aus den Glanztaten von
Savatage,
Avantasia aber auch
Gamma Ray,
Shadow Gallery oder
Ayreon. All das gottlob abseits aller verkopften Prog-Akzente und durchwegs kompakt und songorientiert.
Dass
Mats Leven mit seiner Ausnahmestimme den großartigen Opener veredelt, hört man sofort. Vor allem sind es aber die fetten und saucoolen Riffs, die griffigen Hocklines und das tolle Songwriting, die ins Auge stechen.
So geile Gesänge, so viel mehrstimmig mitreisende Dichte und so handfeste Refrains hat man schon lange nicht mehr in dieser unaufdringlichen Form erleben dürfen. Ein Weltklassesong und der perfekte Opner für ein Album, das das Zeug dazu hat, die Szene völlig aufzumischen. Es ist ganz großes Kino, wenn
Dawn Of Destiny auch nach diesem Opener einen Hit nach dem anderen raushauen. Die Instrumentalisierung, die Bombastanleihen und vor allem die tollen Stimmen von Jeanette Scherff und Mastermind Jens Faber gipfeln in
monströs mehrstimmigen Gesängen und durchwegs packenden Refrains. All das macht die erste Albumhälfte beinahe zu einem 10-Punkte Ausflug. Das sperrig und düstere
"Waiting For A Sign" ist ein Power Metal Hit vom Feinsten,
"My Memories" ist mit seinem Amon Amarth-Gedenkriff eine Wucht und das behutsame und fast poppige
"Innocence Killed" geht mit seinem Hammerrefrain ohnehin runter wie Öl. Großartig, wie auch der Bombastrack
"No Hope For The Healing", auf dem
Savatage Legende
Jon Oliva mit großartigen Vocals seinen Gastauftritt hat und der ohne Zweifel eines der großen Highlights auf den letzten Alben der US Power Metal Ikone abgegeben hätte. Nicht umsonst bezeichnet Jon Oliva diesen Song als den besten, den er je für eine andere Band einsingen durfte.
Fans bombastisch arrangierten Symphonic Power Metals werden spätestens hier in die Knie gehen und Dawn Of Destiny als neuen Stern eines Himmels preisen, der in den letzten Zeit nur noch selten so hell erstrahlen durfte und häufig von fehlendem Talent, massivem Kitsch und unnötigem Klamauk getrübt wurde.
Kritiker werden vielleicht urgieren, dass der Start in die zweite Albumhälfte nicht mehr ganz so tiefsinnig und packend ist. Mag sein, dass
Dawn Of Destiny zur Mitte von
"F.E.A.R." hier und da ein wenig
"gewöhnlich" klingen.
"Rising Angel", das flockige
"Prayers", das üppige
"Finally" oder das bombastische Masterpiece
"Then I Found You" sind dennoch astreine Symphonic Metal Ohrwürmer, die auch Fans von
Kamelot oder
Serenity wie Öl runter gehen werden. Hier wirds mitunter im Gegensatz zum ersten Albumdrittel zwar ein wenig kitschiger, wenn der Schuldspruch den
Dawn Of Destiny jedoch über sich ergehen lassen müssen, in Eingängigkeit und Hitpotential gipfelt, kann das jedoch kein großer Tadel sein.
Die Songs der Deutschen sind allesamt großartig und kommen perfekt auf den Punkt. Ein oder zwei leichte Durchhänger und auch die zeitweise eigestreuten Growls müssten vielleicht nicht sein, dem überragenden Gesamteindruck von
"F.E.A.R." kann das aber überhaupt nicht anhaben, zumal
Dawn Of Destiny zum wuchtig und hart inszenierten Ende der Scheibe mit dem überragenden
"One Last Time",
"Dying In Your Arms" und
"To Life Is To Suffer" noch drei richtige Hochkaräter raushauen, die über jegliche Zweifel erhaben sind und Fans von
Shadow Gallery ebenso erwischen sollten, wie den Liebhaber jener
Ayreon Zeiten in denen Mr. Lucassen noch packende Songs komponierte die auf den Punkt kommen.
Am Ende kann man sich vor den Deutschen eigentlich nur verneigen.
Dawn Of Destiny haben ein abwechslungsreiches, tiefgründiges und nahezu perfektes (Symphonic Power) Metal Konzeptalbum voll großartiger Songs am Start, dessen Konzept wunderbar funktioniert, aber auch nicht so intensiv ausartet, als dass die einzelnen Nummern nicht allesamt auch ohne die Lyrics und als einzelne Höhepunkte funktionieren würden.
Dieses Genre hat schon lange keine solche Perle mehr hervorgebracht und nicht zuletzt Herr Sammet kann sich mal ganz schnell warm anziehen, wenn er sich "F.E.A.R." anhören will, denn so unverbraucht, so packend, so kitschfrei und so treffsicher war schon lange keine Avantasia Scheibe mehr...