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8.5
Allerhöchste Zeit ist es geworden, dass diese Kanadische Ausnahme Combo auf Darkscene.at nicht nur erwähnt wird, sondern ebenso dicke Lorbeeren einfährt. Zugegeben, auch ich gehöre zu diesen Spätzündern/Verweigerern, die Protest The Hero erst jetzt voll und ganz für sich entdecken und lieb gewinnen, immerhin wurde die einstige Schülercombo 1999 (als Happy Go lucky) aus der Taufe gehoben und kann bis zum heutigen Tag mit drei Full-Length Alben (inklusive "Scurrilous") neben diversen E.P. Releases aufwarten. Durch diesen Quereinstieg vermag der Rezipient bedauerlicherweise nur wenig Vergleiche (im Sinne der eingeweihten Fans) zum Debüt "Kezia" (2005) und dem Nachfolger "Fortress" (2008) ziehen. Jedoch hindert ihn dies keineswegs daran, ausschließlich von todgeglaubten Glückshormonen zu sprechen, sobald nur ein Tönchen dieses Überfliegers in dessen Hörschacht gelangt.
Als Postcore und Mathcore wird die Kunst Protest The Hero‘s abgestempelt. Nun ja, das sind diese Begriffe, die bis vor nicht allzu langer Zeit bei mir auf leichten Widerstand stießen. Warum? Weil einfach jeder zweite Furz im Rock/Metal Genre mit neuer Etikette recht schnell als neue Innovation verkauft werden soll. Nichts desto trotz lebt auch diese kreativ angeregte Szene neben den anderen und genießt gerade in Nordamerika einen hohen Stellenwert. Wobei – zumindest in meinen Ohren – die Grenzen zum US Speed Metal und konventionellen Progressive Metal verschwimmend scheinen. Protest The Hero sind der lebende Beweis dafür, dass es auch jüngere, wenn manche jetzt so wollen, "Trendbehaftete" Kapellen beinahe mühelos schaffen, komplexe Arrangements und eingängiges Songwriting zu bündeln. Es darf da und dort gern ein Break mehr sein, wenn das Ganze dann auch schlüssig wirkt. Und das tut es auf "Scurillous" in höchstem Maße. Zumeist wildern die Ahorn-Prog-Metaller in speedigen, aber stets kontrollierten Gefilden, in denen sie jegliche Spontanität einzuimpfen verstehen und somit das Schema F oft genug umschiffen. Und Wert auf Eigenständigkeit legen. Dabei muss man das außergewöhnliche Gesangstalent von Rody Walker über den grünen Klee loben: von seiner tollen, mittleren Stimmlage ausgehend, beherrscht dieser Mann genauso spitze Schreie und anschmiegsame Kuschelattacken. Kurz gesagt, dieses Timbre weiß zu berühren. Und bei einer Gruppe, die dem Überbegriff Progressive Genre zugeordnet wird, kann man zudem getrost davon aus gehen, dass an allen Positionen handwerklich topfite Leute am Werke sind. Wie schon angedeutet, bestechen Protest The Hero durch kompositorisches Geschick, welches den Hörer beim flotten Opener "C’est La Vie" sodann und direkt an der Wurzel packt. Sowohl groovige Ausritte wie enorm flüssige Leadgitarrenläufe, Jam-Anleihen und zig winzige Details werden wie selbstverständlich in einem einzigen Track fusioniert und bieten darüber hinaus immer wieder Überraschungsmomente, wie z. B. das berauschende, wenn auch kurze m/f Duett im äußerst Dynamik zeugenden "Hair-Trigger". Solche und ähnliche Charakteristika erstrecken sich fast über die ganze Distanz. Das hochmelodische "Moonlight" kann dann im Weiteren genauso entzücken wie das sensationell geile, mit jazzigen Rhythmen aufgeigende "Tapestry". Die filigrane und vor Spielwitz nur so strotzende Gitarrenarbeit des Axt-Tandems Tim Millar/Luke Hoskin lässt dabei fast keine Gelegenheit aus, ein pfiffiges Fill oder edles Lead einzustreuen, aber bei solch einem Hammersong wie "Dunsel" ist das schon ziemlich atemberaubend – an dem Punkt, wo man glaubt, es gäbe keine Steigerung mehr bei solch berstender Dramatik, setzen sie gar noch einen drauf! Ruhepausen werden dem aufgeschlossenen Ohr wenig bis keine spendiert, "Scurrilous" ist nämlich wie ein aktiver Vulkan, der nie richtig zur Entspannung kommt und immer wieder seine Lava an die Peripherie drückt. Dementsprechend ist auch der Konsument gefordert, alle unzähligen, auf ihn herein prasselnden Energieschübe zu verarbeiten, ergo: es werden sicher einige Durchläufe zum ganzheitlichen Erfassen benötigt. Und bei so viel hellem Licht wollen wir die Schattenseite keineswegs unter dem Teppich kehren. Die Kritik richtet sich zum letzten Drittel des Albums, denn spätestens hier hätten Protest The Hero wegen der Tendenz zur strukturellen Gleichförmigkeit mit den vorderen Tracks gut daran getan, mehr Kontraste einzupflanzen. Schade, sonst hätte ich gar das Täfelchen mit der Höchstnote zücken müssen. Punkten können die fünf Kanadier auch in Sachen Optik. Das edel gepinselte Artwork stammt nämlich von Jafar Petgar, dem Großvater des Bassisten Arif Mirabdolbaghi. Das Gemälde soll angeblich in den Fünfzigern des letzten Jahrhunderts entstanden sein. Letzterer konnte sich indes schon bei den beiden Vorgängerscheiben als (sozial-) kritischer Textschreiber auszeichnen, auf dieser Scheibe hat er indes die Hälfte davon verfasst. Ob ein weiterer Charteinstieg mit "Scurrilous" in der Heimat Kanada folgen wird, bleibt mit Spannung abzuwarten, immerhin stießen die Jungs 2008 mit "Fortress" bis auf Platz 95 der Billboard Charts vor. Ich verneige mich zutiefst vor dieser hochtalentierten Band und ihrer großartigen Darbietung und schäme mich nach wie vor, sie erst so spät wahr genommen zu haben. Trackliste
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