Wer erinnert sich noch an die Band
The Mentors, die in den 80ern mit Alben
"Up The Dose" oder
"You Axed For It" und Hits wie
"Golden Shower",
"Sandwich Of Love" oder
"Heterosexuals Have The Right To Rock" den Headbangern ein dreckiges Grinsen und den Ladys der damals allmächtigen PMRC haufenweise Grauspickel ins Gesicht zauberten? Die als Reaktion auf die gehypte Hair-Metal-Szene gegründete Band sorgte aufgrund ihrer pornographischen, politisch unkorrekten und frauenfeindlichen Texte für jede Menge Skandale und erhielt in den USA vor allem deshalb Publicity, weil sich besagte PMRC um Politikergattin Tipper Gore auf die Kalifornier eingeschossen hatte. Als Beweis für die Dekadenz der Rockmusik wurden sogar Texte der Band öffentlich im Senat verlesen. Trotz der teilweise dilettantischen Rhythmusführung durch Edelsandler El Duce (dr, voc) waren Dr. Heathen Scum (bass) und Sickie Wifebeater (git) aber immer in der Lage, die Songs mit ausreichend eingängigen Refrains und coolen Gitarrensoli zu versehen, so dass die Band bald absoluten Kultstatus erringen konnte und zu einem der beliebtesten Liveacts in Hollywood avancierte. El Duce wurde sogar zu einigen Promi-Parties eingeladen, wo sich die Filmstars über sein rüpelhaftes Benehmen amüsierten.
Als der sympathisch-verrückte Obdachlose in alkoholisiertem Zustand unter einen Zug geriet, schien die Karriere von
The Mentors zu Ende zu sein. Doch Dr. Heathen Scum suchte sich einen neuen Drummer, sang selbst einen Großteil der Songs und hielt die Band all die Jahre lang am Leben. Es folgten jede Menge halbseidene CD-Veröffentlichungen mit von Singles, Livetapes und Rehearsals geklauten Songs und als Gegensatz dazu die offiziellen und liebevoll aufgemachten Re-Releases aus dem Hause High Vaultage. Und jetzt, ja jetzt liegt tatsächlich endlich ein neues Album von
The Mentors vor. Aber können uns Dr. Heathen Scum, Sickie Wifebeater und die neuen Streiter Mad Dog (dr, voc) und Sickie jr (git) noch einmal begeistern?
Ja, sie können!
Die Meister des Rape-Rock sind zurück und beweisen, dass sie anno 2010 noch immer das Zeug haben, alle Feministinnen, Gutmenschen und Möchtegern-Intellektuellen auf diesem Planeten zu ärgern. Die düster stampfende Black Metal-Parodie
"Black Snatch" und das flotte
"Be A Pervert" eröffnen die Scheibe und stellen gleich klar, dass die Band immer noch in der Lage ist, eingängige Killerrefrains zu schreiben. Und Mad Dogs Stimme kommt der von El Duce streckenweise so nahe, dass man sich anstrengen muss, Unterschiede auszumachen. Mit
"Bedroom Eyes",
"Lickin’ Ass And Takin’ Names",
"Over Under Sideways Down" und
"Rockin’ All Night" stehen noch weitere vier echte Hits auf dem Album. Allesamt fetzige Rock’n’Roller mit mächtig Gas, gekrönt von bluesigen Soli und garniert mit dezenten Hammond-Orgel-Einsätzen. Hinter den teilweise harmlosen Titeln verbergen sich natürlich die üblichen, flott gereimten Schweinereien über alle möglichen Arten und Abarten menschlicher Paarungsrituale.
Wie herrlich dreckig doch Rock’n’Roll sein kann.
Ein cooles Comeback einer Band, die als Selbstzweck polarisiert und damit für das Quentchen Anarchie sorgt, dass einer weitgehend geschmacksneutralisierten, globalisierten Musikszene einfach gut tut. Oder macht
"Ducefixion" einfach nur Spass?