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Cover  
Sieges Even - A Sense Of Change (CD)
Label: SPV
VÖ: 1992
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Art: Classic
Werner
Werner
(1250 Reviews)
Die 1986 gegründeten (und zwischenzeitlich 1999 bzw. 2008 fix aufgelösten) Sieges Even gehörten zu jenen frickelfreudigen Exemplaren, welches die europäische Prog-Landschaft Anfang der Neunziger so richtig erfrischen konnte. 1988 mit dem Debütalbum "Life Cycle" noch als Progressive/Thrash Kapelle inklusive dem Beinamen „bajuwarische Ausgabe von Watchtower“ herum wildernd, folgte 1990 für den Zweitling "Steps" eine stilistische Wende, die man in solchem Ausmaß äußerst selten antrifft. Zu psychedelischen bzw. jazzigen Klängen wurde nämlich eine Kurskorrektur vorgenommen, die als fast logische Konsequenz beim intellektuellen Hörerzirkel wesentlich mehr Anklang fand, als bei den unaufhörlich headbangenen Heavy Metal Fans, denen diese experimentelle Scheibe wie ein Schlag ins Gesicht vorkommen musste, aber denen Dream Theater mit "Images And Words" (zum Classic Review) wenige Monate später dieses Metier schlagartig öffneten.

Jedes der ersten drei Sieges Even Werke steht künstlerisch für sich. Denn für das Anfang 1992 erschienene "A Sense Of Change" Opus wurde Franz Herde am Mikro abgesetzt, um den stimmlich variableren Jogi Kaiser den SE-Sound künftig mitgestalten zu lassen. Natürlich beflügelt eine neue Stimme die Ausrichtung einer Truppe im Regelfall, doch die Holzwarth Brüder Alex (Drums) und Oliver (Bass) haben sich wie Gitarrist Markus Steffen im Zuge dessen ebenso neu erfunden. Die Unbequemlichkeit von "Steps" zeigt sich auf "A Sense Of Change" nur mehr in wenigen Nuancen. Und auch die Songstrukturen sind – im Sinne des nicht musizierenden Konsumenten – klarer wahrnehmbar. Eine beachtliche Gratwanderung zwischen Ohrwurmtauglichkeit und Komplexität also, die man zuvor bei allem perfektionistischen Streben etwas vermisst hatte. Gelegentliche Rush Zitate gehörten plötzlich zum guten Ton, wobei von bloßer Abkupferei niemals die Rede sein kann.

Gewohnt akribisch, virtuos, vor allem weich und fragil wie nie zuvor präsentierten sich die einstigen Uni-Absolventen auf "A Sense Of Change". Nicht zuletzt der glasklaren Produktion vom damals noch etwas unbekannten Charlie Bauernfeind (später Produzent für Blind Guardian, Helloween, Kamelot u. v. a.) wegen, wo jedes Instrument seinen verdienten Freiraum hat, entsteht ein zeitloser Charakter innerhalb der neun, Detail verliebten Tracks. Aus dem herkömmlichen Rahmen fällt jedoch das Titelstück an vierter Position: akustische Gitarren, Violinen Gefiedel und ein lieblicher Gesang - nicht mehr, nicht weniger. Dennoch ist es viel zu gut, um es (als hauptberuflicher Rocker) nicht zu mögen. Mit den ausladenden Stücken "Dimensions" (8:12) und "These Empty Places" (9:42) gibt’s auf der zweiten Hälfte ohnehin noch zig Stimmungswechsel und Breakhalden für Menschen mit Zappel-Phillip-Disposition vor Ort, wobei immer noch der Song an sich klar im Fokus steht.

Wie gesagt, der omnipräsente und leicht verdauliche Hang zum Jazz Genre verleiht dieser Silberscheibe ein außergewöhnliches Attribut, und erzeugt insbesondere beim wach rüttelnden Opener "The Waking Hours" und bei "Prime" (Mike Oldfield und sein Klassiker "Tubular Bells" lassen am Beginn grüßen) neben der sonst vorherrschenden Individualität eine Dynamik, die selbst für Spätentdecker Suchtpotential beherbergt. Mit dem charmant-verführerischen "Behind Closed Eyes" gibt es obendrauf einen kleinen Hit zu besabbern und die mit Fortlauf mehr und mehr in Mol getünchte Ballade "Epigram For The Last Straw" ist sowieso ein unbeschreiblich-unverzichtbares Abenteuer für den wahren Audiogourmet.

Selbst wenn die sympathische Münchner Ausnahmecombo trotz weiterer superber Alben (insgesamt zählt die Diskographie sieben Studio-LPs) dem ewigen Fluch des Insidertipps ausgesetzt war, vermochte sie wie kaum eine andere, Musikbegeisterte aus den diversesten Geschmacksrichtungen auf einen Nenner zu vereinen. Dass ein Juwel wie das repräsentative "A Sense Of Change" möglicherweise zur falschen Zeit am falschen Ort an die Peripherie geschlüpft ist, kann nachträglich wohl nur als schwacher Trost bezeichnet werden. Anders bzw. hoffnungsvoller scheint sich Markus Steffen's neue Band Subsignal zu entwickeln, die schon mit ihrem zweiten Longplayer "Touchstones" (zum Review) speziell in Deutschland einen ganz großen Wurf landete.

Trackliste
  1. Ode To Sisyphus
  2. Waking Hours
  3. Behind Closed Doors
  4. Change Of Seasons
  1. Dimensions
  2. Prime
  3. Epigram For The Last Straw
  4. These Empty Places
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