Wenn dein Lieblingssänger und Frontmann ein halbes Jahrhundert alt wird, willst du ihm natürlich die Ehre erweisen mit ihm zu feiern. Die Gelegenheit dazu ergibt sich zwei Tage nach seinem 50. Geburtstag. Dazu weiter unten mehr, aber zunächst eine kleine Laudatio auf den Meister.
Ich lernte
Damian Wilson's Gesang Anfang der Neunziger schätzen, als er die Alben der niederländischen Prog Rocker von
Landmarq und das
Threshold-Debüt mit seiner einzigartigen Stimme veredelte.
"Wounded Land" gehört nach wie vor zu meinen Lieblingsalben der Briten, direkt neben
"March Of Progress", dem vielleicht besten Prog Metal-Album der 2000er, auf dem Damo ebenfalls zu hören ist. Ich werde nie verstehen, warum Karl Groom ihn (mehrmals) rausgeworfen hat und habe seit dem letzten Mal auch keinen Bock mehr auf
Threshold, zumindest live. Am Anfang seiner Karriere von der Metal-Journallie noch als unsicher verschrien, hat Wilson sich im Laufe der Jahre zu einem souveränen, witzigen und unfassbar sympathischen Entertainer entwickelt. Legendär sind seine Auftritte mit Maiden United, wo er während deren Akustikshows stagedivt und eine Wall Of Death initiiert, sowie ganz nebenbei Klassiker wie
"Children Of The Damned" oder
"Prowler" leidenschaftlicher intoniert als es Dickinson und Di Anno je vermocht haben. Bei
Arjen Lucassen's Ayreon-Shows und
Clive Nolans Alchemy-Aufführungen beweist Damian Schauspielerqualitäten und mit seiner eigenen Band Headspace fährt er das volle Prog Metal-Brett. ‚The Fall Of America‘ vom
Headspace-Debüt ziert wohl die beste Gesangslinie, die er je geschrieben hat und mit seinem Bandmate Adam Wakeman hat Damian zuletzt zwei Akustikalben aufgenommen und live präsentiert.
Einige Songs von ihrem letzten gemeinsamen Output
"Stripped" sind Neuinterpretationen Wilsonscher Solosongs, die es auch auf die Setliste der laufenden Tour anlässlich seines 50. Geburtstags geschafft haben. Allerdings ist Wakeman diesmal nicht in Damos Begleitband, sondern wird von Wilsons Haus-und-Hof-Produzenten und väterlichen Freund Andrew Holdsworth an den Tasten begleitet. Die E-Axt schwingt kein Geringerer als Ruud Jolie (
Within Temptation &
Maiden United), der auch noch
Within Temptation-Drummer Mike Coolen mitgebracht hat. Komplettiert wird das Line-up durch Johan van Stratum am Bass (u.a.
VUUR,
Stream Of Passion).
Man kann insgesamt also durchaus von einer Supergroup sprechen. Allerdings geht es beim Programm dieser Mini-Tour weniger um die technischen Fähigkeiten der Beteiligten, sondern vielmehr um die Emotionen, welche der Songwriter und Mensch Damian Wilson transportiert.
Vorher wollen allerdings die anderthalb Stunden Fahrt ins südhessische Weiher bewältigt werden. Dank meines erfahrenen Chauffeurs und dessen besserer Hälfte kommen wir schnell und sicher ans Ziel, so dass wir vor dem Konzert noch Zeit haben fürstlich zu speisen. In der Live Music Hall (Nein, nicht die in Köln!) angekommen, werden wir von Max und Stefan vom 7er-Club, die heute von Mannheim nach Weiher ausgewichen sind, herzlich willkommen geheißen. Kurz darauf betritt auch der Meister persönlich die gemütliche Live Music Hall. Er kommt frisch geduscht mit nassem Haar kurz vor Showbeginn, weil er sich bei seinem traditionellen Jogginglauf vor dem Auftritt laut eigener Aussage ein wenig verlaufen hat. Dies kann einen
Damian Wilson natürlich nicht aus der Ruhe bringen, so dass er erst einmal die halbe Halle, inklusive des Schreibers dieser Zeilen, mit Handschlag und/oder Umarmung begrüßt. Der Typ definiert Herzlichkeit und Fannähe einfach neu. Als er dann pünktlich um acht mit seiner geliebten Tasse Tee auf der Bühne steht und berichtet, dass er heute seinen Fünfzigsten endlich zünftig mit Bier feiern wolle, weil er an seinem eigentlichen Ehrentag den Tourbus fahren und darin schlafen musste, hat er die Lacher auf seiner Seite. Und so wird heute mal angestoßen und seine Mitstreiter haben auch sichtlich Spaß an der deutschen Hopfenkaltschale. Gleichwohl wird in erster Linie ernsthaft musiziert. Wer Wilsons Video-Interview zu seinem Song
"Part Of Me" auf U-Tube gesehen hat, weiß wieviel er in seinen Songs über sich selbst und sein Leben Preis gibt. Dementsprechend trägt er genau diesen Seelenstrip komplett alleine vor.
Gänsehaut pur. Bei Stücken wie
"Impossible" oder
"Array Of Light" wird Damian nur von Andrew Holdsworth am Piano begleitet, währenddessen bei
"Commune" oder
"Homegrown" die komplette Band Gas gibt. Während letzteres, genauso wie das Maiden (United)-Cover ‚The Evil That Man Do‘, bei dem Damo einen seiner berüchtigten Ausflüge ins Publikum macht, mit launigen Mitsingparts ausstaffiert wird, gehen einem aber vor allem die ruhigen Akustiktracks unter die Haut. Ein gutes Beispiel dafür ist die Familienhymne
"Disciple", bei der sich sowohl die Familie mit zwei kleinen Kindern direkt vor der Bühne, als auch der vor mir stehende erwachsene Sohn mit seiner Mutter und diverse Paare in den Armen liegen.
Das ist einfach Musik, die von Herzen kommt und dadurch Herzen berührt und vereint.
Leider ist dieser Rausch der Gefühle nach zwei Zugaben (
"Can You Hear Me?" und
"Thank You" von der neuen EP) und knapp zwei Stunden viel zu schnell vorbei. Aber Damian wäre nicht Damian, wenn er sich nach dem Konzert nicht noch unter`s Volk mischen würde, um Autogramme zu geben, Fotos zu machen oder einfach nur ein wenig zu plaudern.
Es war wie immer ein großes Vergnügen und mit viel positiver Energie aufgeladen, treten wir die lange Heimfahrt an. Und Mister Wilson wünschen wir von ganzem Herzen alles Gute für die nächsten 50 Jahre, cheers Damo!