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Solstafir
22.11.2014, Weekender Club, Innsbruck
Ich liebe Solstafir und es gibt wenige Alben der letzten Jahre, die sich hartnäckiger in meiner Playlist halten, als ihre letzten beiden Werke. Der Siegeszug, den die Isländer momentan antreten ist mir persönlich dennoch unerklärlich. So sehr ich die introvertierte und kühle Kunst von Solstafir verehre, so wenig ist es zu erklären, dass die ausufernde Musik des Vierers die "Masse" anspricht. Solstafir und ihr psychedelischer, krager und düsterer Viking-Post Rock sind alles andere als "massentauglich". Schon gar nicht sind die Soundkolosse der Isländer eingängig oder sonderlich leicht zugänglich. Die Magie dieser Band scheint aber nicht nur mich mitten ins Herz getroffen zu haben. Anders ist es kaum zu erklären, dass Solstafir auf ihrer ersten Headlinertour vor ausverkauften Clubs auftreten und auch heute knapp 260 Leute in den Weekender Club Innsbruck pilgern.
Ein reinrassiges Metal Publikum ist es natürlich wie erwartet nicht und vielleicht ist genau dieser Spagat, der Solstafir's Kunst vom Rock über Pagan und Dark Wave bis hin zum Metal spannt, der Schlüssel zum Erfolg. Anders kann man es kaum erklären, aber sei's wie's sei. Ich für meinen Teil bin den Isländern längst verfallen und freue mich seit Wochen auf diese Show. Leider sind die coolen Sahg beim heutigen Tourabschnitt nicht mit dabei. So bleibt das Vorprogramm an Obsidian Kingdom und Esben And The Witch hängen. Während die drei Briten von Esben And The Witch mit ihrem dunklem und intensiven Post Rock und Frauenstimme durchaus anständig unterhalten, haben Obsidian Kingdom mit ihrem progressiven Avantgarde Black Metal / Sludge / Post Rock Mix einen eher schweren Stand. Vieles klingt hier gut und interessant und viele Momente lassen aufhorchen. Am Ende klingt aber zu wenig wirklich schlüssig. Im Endeffekt wartet man heute aber ohnehin nur auf die Solstafir'sche Magie. Die Frage ist nur, ob der ruhige Sound der Isländer denn auch live so intensiv und beeindruckend funktionieren würde, wie auf Platte. Mutig und unerwartet setzen Solstafir zu Beginn des Sets auf den Titeltrack ihrer 2009er Scheibe "Köld". Das war so nicht zu erwarten und lässt die 90-minütige Show noch verhaltener als erwartet beginnen. Dass die vier Nordlichter hingegen auf der Bühne richtig was hermachen, war schon zu erwarten. Diese Band hat Stil, sie ist cool gekleidet und jeder einzelne Musiker gibt sich unaufgesetzt lässig auf der Bühne. Frontman Aðalbjörn Tryggvason mimt den Zeremonienmeister und hat tonnenweise Charisma, Gitarrist Sæþór Maríus Sæþórsson überzeugt mit seinem Cowboydeckel, während Axl-Rose Lookalike Svavar Austmann mit seinen roten Zöpfen und Hut stoisch durch die Sonnenbrille grinst und Rasta-Drummer Guðmundur Óli Pálmason den Laden zusammenhält. Ich will hier nicht gleuich von den Fields Of The Nephilim des Post-Viking Rocks reden, aber so darf eine Band durchaus ausschauen. Das kann nicht schaden. Schon gar nicht, wenn sie dann noch selbstbewusst und dennoch sympathisch rüberkommt. Nach dem eher defensiven Opener wird's für mich musikalisch erst jetzt ganz groß. Ab "Lágnætti" kommt jene Magie ins Spiel, die mich dieser Band hat verfallen lassen. Die Hoffnungslosigkeit und die Leere der Melodien, die Schönheit und der unaufdringliche Groove dieses Songs verinnerlichen alles, was Solstafir ausmacht. Beklemmende Viking-Post Rock-Monolithe wie diese lassen einen einfach nicht mehr los. Das geht tief unter die Haut. Das nimmt einen behutsam an der Hand und lässt einen träumen. Gänsehaut macht die Runde, während manch einer immer noch fassungslos und verstört vor sich hin starrt und die Emotionen, die Solstafir in anderen auslösen, einfach nicht verstehen will. Nachvollziehbar aber schade. Man muss sich schon auf diese betörende Kunst einlassen wollen. Man muss Zeit und Raum nutzen, um hier ans Ziel zu gelangen. Genau dann ist "Rismal" ein weiterer Genuss vom aktuellen Überalbum "Ötta" (zum Review), dessen ausufernder Titeltrack danach ein einziger Traum und nicht zuletzt dank seiner betörenden Keyboardmelodie die totale Hingabe darstellt. Einer der besten Songs dieser Band. Einzigartig und unvergleichlich. Ein störrisches "Þín Orð" und der Titelsong zitieren dann erstmals das überragende "Svatir Sandar" Manifest (zum Review), beklemmend, klagend und düster, im selben Moment auch betörend und nachdenklich überwältigt einen "Dagmál Ötta", bevor das herrliche "Náttmál" ein letztes Mal die "Ótta"'sche Brücke vom Viking Rock zum 80er Wave Pop schlägt. Erhaben und roh, grandios und zutiefst packend für jene, die es verstehen, sich auf Solstafir einzulassen. Die Stimmung ist andächtig, nachdenklich und düster. Intensiv und emotional offenbaren Solstafir das große, das kolossale Ganze und ich kann es nicht oft genug wiederholen, dass der monoton betörende Bann in den einen Solstafir immer wieder versetzen völlig unvergleichlich ist. Natürlich warten manche immer noch vergebens auf raue, teils noch punkige Viking-Black Momente der Frühtage dieser Band. Andere beklagen die Vielzahl an ruhigen Songs im Set und vermissen den ein oder anderen explosiveren Moment. Sorry meine Damen und Herren: Setzen. Themenverfehlung. Das sind Solstafir heute und genau diese nicht erfüllten Wünsche definieren die Schönheit und die Größe jener störrischen und eigenständigen Kunst, die die Isländer so unvergleichlich und ausmacht. Diese Konsequenz hat Solstafirzu dem gemacht, was sie heute sind und die zutiefst nordische Erhabenheit, die die Band mittlerweile bis ins Detail zu ihrem unverkennbaren Eigen perfektioniert hat, sucht Ihresgleichen weitgehend. Der reguläre Set ist vorbei. Solstafir lassen sich von der beeindruckten Schar feiern und kehren für die zwei Zugaben zurück. Das betörend schöne "Fjara" kennt letztendlich wohl jeder im Saal. Ein Monument einer nordischen Ballade. Intensiv und verführerisch schön. Fesselnd, dramatisch und unabnützbar. Einer der intensivsten Momente einer Show, deren Kreis sich mit dem epischen "Köld" Manifest "Goddess of the Ages " perfekt schließt, um einmal mehr allen deutlich zu machen, dass Solstafir ihr Schaffen auf die letzten drei Studioalben konzentrieren, auf denen sie endgültig zu einer Ausnahmeband des Genres geworden sind. Ein letztes Mal wird all jenen, die diese Band noch nicht komplett verstanden haben klar, dass der Star der Solstafir-Songs die Melodien und die Atmosphäre sind. Melodien die anfangs unscheinbar sein mögen, sich aber immer tiefer in der Seele manifestieren, bis man ihrer Magie und ihrem Bann erliegt und sie nicht mehr loswird. Dramaturgisch perfekt inszeniert und zu Songkolossen aufgetürmt, die immer wieder auf einen magischen Punkt hinsteuern, der verhalten ausbricht und einen endgültig mitreißt. Keine andere Band kann das. Keine andere Band inszeniert ihre Kunst so. Keine andere Band klingt wie Solstafir! Manch Neugieriger, darunter auch einige meiner Darkscene-Kollegen konnte am Ende der Reise dennoch nichts mit der intensiven Kunst der Isländer anfangen und das war mitunter auch zu erwarten. Natürlich fällt es einem oft selbst schwer zu erklären, warum einen die Reykjaviker mit ihren, im Grunde so unscheinbaren, Klängen so enorm in ihren Bann ziehen. Solstafir sind aber einfach keine Band, die man mal so nebenbei kennenlernen und leicht erklären kann. Die Musik dieser Band muss man genau so langsam und behutsam entdecken, wie sie selbst sich offenbart. Zugegeben sind Solstafir noch eine Spur intensiver, wenn man sie zuhause auf Platte genießt, wer diesen Schritt jedoch bereits getan hat und die Song verinnerlicht hat, der war ohne Zweifel auch von dieser Show begeistert. Ich muss mich wiederholen. Man muss die Kunst der Isländer grenzenlos nennen. Solstafir sind elegisch, markant und fesselnd. Sie verlangen Aufmerksamkeit, Hingabe und Zeit. Nur dann wird man ihre inbrünstige Schwermut entdecken und verstehen. Am Treffendsten für die unterkühlte und packende Klanggewalt von Solstafir ist nach wie vor der filmische Vergleich mit "Valhalla Rising". Egal wie, wann und wo ich diese Band höre, es fällt mir einfach immer dieses bizarre, verstörende cineastische Kunstwerk eines Nicolas Winding Refn mit aller seiner trockenen Brutalität, seiner Tiefe und seier stoischen und bildgewaltigen Kunst dazu ein.... Setlist Solstafir: 1. Intro Náttfari 2. Köld 3. Lágnætti 4. Rismál 5. Ótta 6. Þín Orð 7. Dagmál Ötta 8. Náttmál 9. Svartir Sandar --- 10. Fjara 11. Goddess of the Ages Für die Livebilder bedanken wir uns bei Georg Blamauer! |
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