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Alice Cooper, Joe Lynn Turner, Midge Ure, Kim Wilde, Primal Fear
26.03.2014, Olympiaworld, Innsbruck 
ROCK MEETS CLASSIC  
"Rock Meets Classic"

... ein fantastisches Konzerterlebnis, das begeistert, fasziniert und keine Wünsche offen lässt... hier unser Bericht
Maggo
Maggo
(23 Live-Berichte)
Bereits zum fünftem Mal tourt das inzwischen schon legendäre "Rock Meets Classic" Crossover-Projekt durch die Konzerthallen des alten Kontinents und dieses Mal war es endlich soweit, dass auch die Olympiahalle in Innsbruck - sozusagen einen Steinwurf von der Darkscene-Redaktion entfernt - Schauplatz dieses musikalischen Spektakels sein durfte.

Das Line-Up lässt vorab schon mal Großartiges erwarten. Mat Sinner fungiert mit Teilen seiner Primal Fear-Band als metallischer Gegenpol zum Bohemian Symphony Orchestra aus Prag. Auf diesem akustisch wohltemperierten Fundament sollte mit Stimmbandartisten der Marke Midge Ure (Ultravox), Joe Lynn Turner (Rainbow, Deep Purple, Yngwie Malmsteen), Kim Wilde, Bernie Shaw (Uriah Heep) und dem Rockgott schlechthin - Alice Cooper - an diesem Abend nicht viel anbrennen.



Wenn man ein bisschen Einblick in die Gagenverhältnisse des Konzert-Business hat und auch weiß, dass heutzutage schon eine Vielzahl windschiefer Pimperl-Combos utopisch hohe Preisschilder als Verhandlungsbasis für ihr Erscheinen in den Raum stellen, dann kann man auch ohne Insiderkenntnisse in etwa erahnen, in welchen Sphären die Überweisung des Veranstalters ausgefallen sein musste, um diesen Tour-Tross in die Landeshauptstadt zu holen. Ob sich dies trotz eines doch üppigen Eintrittspreises von knapp 70 Euro wirtschaftlich ausgehen konnte, schien fraglich, denn solange auf Tiroler Mainstream-Bühnen keine Ziehharmonikaklänge zum grenzdebilen Mitschunkeln auffordern bzw. diverse Schlageraffen nicht enden wollende Polonaisen bestehend aus Mitmenschen mit agrartechnischer Behinderung (vulgo "Bauernschädl") initiieren... solange wird in Innsbruck keine Olympiahalle voll. Dennoch finden sich geschätzt knapp 2000 geschmackssichere Musikfreunde ein und das sollte doch zumindest ein finanzielles Fiasko für den Veranstalter vermieden haben.

Dank des schonungs- und selbstlosen Einsatzes des redaktionsinternen weiblichen Bodyguard-Dienstes kann die 3 Mann starke Darkscene-Abordnung trotz des gemütlichen Vorab-Erwerbs eines kühlen Getränkes ohne Probleme noch auf den besten Plätzen in Reihe 2 Platz nehmen, um sich im Anschluss schon auf das jetzt Kommende zu freuen. Und eines muss gleich vorweg erwähnt werden... ich habe noch nie eine Pyroshow so hautnah erlebt, dass ich sie auch riechen konnte...



Pünktlich um 20.00 gibt der fallende Vorhang den Blick auf die opulente Bühne frei, um dieses fantastische Musikerlebnis mit einem "We Will Rock You"-Intro und einem anschließend feinst vom knapp 60-köpfigen Ensemble dargebotenen "The Show Must Go On" vom 91er Queen-Album "Innuendo" zu eröffnen. Souverän intoniert wird dieser Opener abwechselnd von den 5 Backgroundsängerinnen und - sängern der Produktion u.a. einer gewissen Mrs. Amanda Sommerville und eines nicht ganz unbekannten Herrn namens Ralf Scheepers (Primal Fear).

Was dem unternehmerisch geschulten Konzertbesucher sofort auffällt, ist der scheinbar blinde, mit klassischer Stevie Wonder-Hornbrille gestylte Orchestergeiger ganz vorne im Ensemble... ganz klar, in Österreich muss ein Arbeitgeber pro 25 Arbeitnehmern eine begünstigte behinderte Person einstellen, um sich die Ausgleichstaxe zu ersparen... sehr klug meine Damen und Herren Veranstalter!!! Das ist betriebswirtschaftliches Denken...

Der "wirkliche" Start des Abends erfolgt dann mit Set vom Midge Ure. Der schottische Gentleman begeistert von null auf hundert mit seiner samtig, weichen Stimme und seinem sowohl souveränen als auch sympathischen Auftreten. Die dargebotenen Ultravox-Hadern "Hymn" (metallischem Jungwild wohl zumindest durch die Edguy-Version ein Begriff), "Breathe" und "Vienna" bieten dem fantastisch schrammelnden Orchester genügend Freiräume, um die volle Wucht dieses Konglomerats aus Streichern und Bläsern richtig perfekt ausnützen zu können. Nach einem kurzen Gitarrensolo des Meisters beendet Mr. Ure seinen sehr guten Set standesgemäß mit dem Megahit "Dancing With Tears In My Eyes", dem Rock-/Metal-affinen Zuhörer eher in den Versionen von The Poodles ein Begriff. Ein wirklicher Genuss.



Zu diesem Zeitpunkt nimmt der "quotenblinde Geiger" seine Brille ab und stellt sich sehend. Wenn das nur gut geht...

Weiter geht's mit Joe Lynn Turner am Mikro. Der agile 62-jährige Knirps aus New Jersey mit der schwärzesten Sonnenbrille dieser Hemisphäre und der offensichtlichsten Perücke außerhalb des Kiss-Universums ist seit seinem "Schubert In Rock"-Auftritt im vergangenen Dezember sozusagen schon fast Stammgast in Innsbruck, erhöht den Rockfaktor der Show immens und eröffnet mit einer grandiosen Version von Rainbow's "I Surrender" vom 81er "Difficult To Cure"-Album. Nach dem weiteren Rainbow-Track "Stone Cold", bei dem vor allem der sagenhafte Backing Chor einmal mehr alle Register zieht, präsentiert uns Mr. Turner in gänsehautfördernder Art und Weise die Deep Purple-Ballade "Love Conquers All" vom 90er "Slaves And Masters"-Album, um im Anschluss seinen Set mit dem ewig jungen, immer knackigen, immer mitreißenden "Since You've Been Gone" - wiederum von Rainbow zu vollenden. Spätestens jetzt ist klar, dieser Abend ist ein Genuss für die Trommelfelle. So klingt das, wenn großartige Musiker interagieren. Sogar die Bausubstanz der Halle freut sich, einmal nicht von der Art der Schallquelle so dermaßen gequält zu werden (siehe "Ziehharmonika", siehe "Polonaise").



Bevor nun die britische 80er Pop-Queen Kim Wilde die Bühne entert, darf das Orchester mit einem klassischen Instrumental die uneingeschränkte Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Mein Sitznachbar traut sich doch glatt zu fragen, wie Beethovens "Tatatataaaaa" eigentlich wirklich heißt... na ja... 2358 Reviews für Darkscene zu verfassen und dabei den 1. Satz von Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 5 in c-Moll nicht betiteln zu können, ist zwar ein nicht wegzuleugnendes Symptom von Fachidiotie, aber dafür arbeitet man ja im Team... der blinde Geiger kann definitiv sehen... der garantiert anwesende Mitarbeiter des Arbeitsinspektorats wird's vermerkt haben... aber egal...

Zeit für Kim Wilde... die 53-jährige Lady aus London wird mit einem ersten sachten Pyroeinsatz auf die Bühne geleitet. Trotz leicht erweiterter weiblicher Rundungen noch immer äußerst attraktiv erweist sich die agile Dame als wirklich mehr als passable Frontfrau, die auch durch eine gute Interaktion mit der Band positiv auffällt. Dass die Stimme der Britin ihre besten Zeiten doch schon hinter sich hat, sei an dieser Stelle nicht verschwiegen. Trotzdem zaubern bombastisch inszenierte Single-Hits aus den 80ern wie "You Came", "Cambodia", "You Keep Me Hanging On" und "Kids In America" ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen, denn der Geist von Udo Huber im knallgelben Overall liegt in der Luft. Die bisher erlebten 75 Minuten vergingen wie im Flug. Jetzt heißt es der Thrombosegefahr vorzubeugen, aufzustehen und sich ein bisschen die Füße zu vertreten.



Den zweiten Teil der Show läutet eine für mich verzichtbare Version von Pink Floyd's "Another Brick In The Wall" mit Olli Hartmann, dem Gitarristen der Mat Sinner Band, am Mikro ein. Gibt's einen zweiten Song, der dermaßen totgespielt ist? Wahrscheinlich schon, Pink Floyd ist leider so gar nicht meines... aber egal. Dem Publikum hat's trotzdem gefallen und zudem ist jetzt der Weg geebnet, um die Herren Bernie Shaw und Mick Box von Uriah Heep auf die Bühne zu bitten. Speziell Bernie versteht das Publikum mit seiner Natürlichkeit und seinem Schmäh sofort für sich zu begeistern. Dass der gute Herr dazu in knallroten Stiefeln und einem Colthalfter für sein Mikro auftritt, verleiht dem Auftreten noch einen Schuss angenehmer Skurrilität. Musikalisch brilliert das Duo. Mit "Easy Livin'", "Free Me", der fetten Bombastballade "July Morning" und dem Uriah Heep-Hit schlechthin "Lady In Black" ernten sie brandenden Applaus. Die Menge tobt.



Alles ist angerichtet für den...... Rockgott schlechthin... Alice Cooper

Vincent Damon Furnier, 66, aus Detroit, Michigan war mit seinem Alter Ego Alice Cooper schon Schockrocker als Marilyn Manson gerade mal so alt war, um fest in die Windeln zu kacken. Die Theatralik in seinen Shows machen Auftritte von Alice Cooper auch heute noch zu einem fesselnden Erlebnis. Wie viel davon der Altmeister in diesem Setting umsetzen kann, bleibt abzuwarten.

Zu allererst gesellt sich eine junge Gitarristin namens Orianthi zum Rest der Belegschaft auf die Bühne und als der gute Alice begleitet von einem Pyro-Stakkato zu den ersten Klängen von "House of Fire" vom wohl besten Cooper-Studioalbum "Trash" aus dem Jahre 1989 die Bühne entert, hätte ich mich vor Freude fast bepinkelt. Ich liebe diesen Song und der Rockopa hat diesen Song sicher schon seit über 20 Jahren nicht mehr live gespielt. Immer wieder sensationell welch Rockstar-Flair, welch beeindruckende Aura und welches Spektakel der passionierte Golfer in seiner Rolle zu versprühen weiß. Pyros ohne Ende. So kann es weitergehen. Mit "No More Mr. Nice Guy" geht's gleich explosiv weiter, um im Anschluss bei der grandiosen Ballade "Only Women Bleed" tief in die Theatralik-Trickkiste zu greifen und mit einer "Vampirtänzerin" eine gewisse Dramatik zu erzeugen. Wenngleich Mr. Furnier stimmlich nicht mehr zu 100% on top ist und auch die Orchesterparts irgendwie ins Hintertreffen geraten, macht das in diesem Falle genau gar nichts. Der Mann ist ein Frontman alter Schule, hat im linken kleinen Finger mehr Rockstaraura als sehr viele Bands jüngeren Datums zusammen und weiß schlicht und einfach zu faszinieren.



Nach "Welcome To My Nightmare" dann das große Finale... "Poison" ebenfalls vom "Trash"-Album kennt dank jahrelangem Ö3-Radioeinsatz nicht nur der eingefleischte Kuttenträger, sondern auch der Tankwart von nebenan, die Kassiererin vom MPreis und der Rechtsanwalt im piekfeinen Anzug. "Poison" ist sogar in Österreich allgemeines Liedgut und dementsprechend feiert das Publikum den Meister ab.
Als unser weiblicher Bodyguard dann darüberhinaus noch die Peitsche von Herrn Cooper "überreicht" bekommt, ist auch für sie der Tag mehr als nur gerettet. Was sie damit in Zukunft machen wird, darüber hüllen wir in diesem Rahmen besser den Mantel des Schweigens. Dann ist vorerst mal Schluss.



Zur Zugabe kommt es nochmals zu einem Zusammentreffen aller Beteiligten auf der Bühne und gemeinsam interpretiert man den Alice Cooper Hit aus dem Jahre 1972 "School's Out". Ein fantastischer Schlusspunkt eines fantastischen Abends mit fantastischen Künstlern... das war wirklich jeden Euro wert. Dieses Konzept macht Sinn, ist mit viel Liebe zum Detail und großartigen Künstlern in einer Art und Weise realisiert worden, die begeistert und fasziniert.

Unser Dank für die großartigen Live-Fotos gilt Bernhard Schösser von www.freizeit-tirol.at. Zur kompletten Bilderglaerie kommt ihr HIER.







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