Bevor der furchterregende Oktopus seine Tentakel auf Hochtouren brachte, stellte sich ein gewisser
Charles Barnes auf die Bühnenbretter. Der Solomusiker bezeichnet seine Kunstgattung als „Big Morbid Death Pop“ und zelebriert selbige mit Akustikgitarre, sowie eigens mit Stimme über das Mikrophon erzeugte Percussion Klänge. In Assistenz eines Loopers werden diese Elemente rhythmisch reproduziert, wodurch der Eindruck entsteht, als stünde ein kleines Ensemble auf der kleinen Bühne. Das Ganze wird bzw. wurde vor Ort noch mit seinem zerbrechlichen Timbre garniert, wobei man gegen Ende des kurzen Gigs sogar durch
Devin Townsend artige Screams überrascht wurde. Ansatzweise klang dieses Experiment gar nicht mal so uninteressant, doch mit Fortdauer ließ auch mir die Geduld nach und nach … nach.
Nicht einmal nach gefühlten zehn Minuten enterten bereits die vier (plus 1: der fünfte in Form von Supportsolokünstler Charles Barnes bediente die dritte Gitarre im Hintergrund) Gentlemen aus Manchester das Parkett des Clubs Hansa 39/Feierwerk, der mir bislang nur namentlich bekannt war. Zwar erkannte man an der sogenannten „Lichtshow“ lediglich spartanische Ansätze dessen, jedoch wussten die spacigen Videosequenzen hinter dem Drumkit von Matt Brobin diesen kleinen Makel zu kompensieren. Groß angewiesen wären Sel Balamir an Gitarre und Mikro, Alex Redhead am Bass, besagter Power Trommler Brobin, sowie Neuerwerbung Steve Durose (ex-
Oceansize) an der zweiten Axt auf optische Effekte ohnehin nicht, denn der mächtige und heute besonders laute Sound war Argument genug.
Komplett in schwarz gekleidet (lediglich das weiße
"Octopus" Logo zierte die Krawatte), zelebrierten die fünf Herrschaften einmal mehr ganz opulentes Prog Rock Kino, das seinesgleichen sucht. Apropos: dieser Longplayer ist auch 2013 äußerst präsent. Nicht weniger als vier Tracks des 2010er Mammut Werks wurden in teils massiver Härte Richtung Auditorium geschleudert, wovon
"Interglacial Spell" zwar die Samples missen ließ, dafür umso roher die Frisuren aller gen Süden föhnte – was für eine ungnädige Wand! Doch schon der aufwühlende Eröffnungsreigen
"Mary Rose", der letzte Song vom aktuellen Album
"Echo Street" ließ es erahnen, was da noch den Saal für üppige zwei Stunden und fünfzehn Minuten zum Beben bringen wird. Mit der Hitsingle
"The Wave", ebenso von
"The Octopus", wurde gleich noch mehr die Stimmung angeheizt, ehe das angesprochene
"I.G.S." und die aus dem jüngsten Backfolder stammenden
"The Wheel" und
"Extra Vehicular" etwas, sagen wir mal vorsichtig,
"skeptischer" aufgefasst wurden und gleichzeitig das erste Gig-Drittel abrundeten.
Via
"Motorhead" vom Debütalbum wurde dann erstmals schwer vertrautes Material durch die Boxen geblasen zumal die Stimmung hier den ersten Siedepunkt des Abends - zumindest - streifte. Mit dem zehnminütigen
"Interstellar" ging es abermals getragener zur Sache, während das wunderschöne
"Ufos" sämtliche Herzen zum Schmelzen zwang. Doch der samtige Traum währte nur für kurze Zeit:
"Fall Of The Empire" gipfelte dann dank seiner krachenden Stakkato-Riffs wieder in Härteregionen, die einem eigentlich nur mehr den Verstand raubten, zumindest entstand dieser Eindruck in den ersten Reihen. Das wiederum vom Debüt heraus gepflückte
"Panzer" wurde im Folgenden einem Diehard Fan gewidmet, der
Amplifier schon beim allerersten München Gig im Atomic Cafe beiwohnte und heute erneut seine blanke Treue unter Beweis stellen sollte. Wenn da bei einzelnen immer noch nicht das berühmte Eis gebrochen war, dann spätestens mit dem Triple
"Where The River Goes",
"Neon" (Gänsehaut zum Quadrat!) bzw.
"Close" (von der
"Sunriders" EP), das gleichzeitig den regulären Set beendete.
"Matmos" (die Videosingle von
"Echo Street") war nach kurzer Pause die erste der beiden Zugaben, als zuvor sämtliche Schweißperlen an der Saitenfront entfernt wurden. Obschon Sänger und Gitarrist Sel Balamir über den kompletten Abend gesehen selten den Dialog mit den Leuten suchte, ließ er sich - nach dem die letzten Riffs für das finale
"Airborne" erschallten - nicht lumpen, seiner am Bühnenrand abgelegten Gibson von den euphorischen Anbetern weitere Streicheleinheiten verpassen zu lassen ... sehr nette Geste.
Was soll ich sagen? Bereits der 2006er Gig im Ampere (Tour zur CD
"Insider", deren Songs bei der laufenden Tour bisher keine Berücksichtigung fanden) hatte mich gefesselt. Doch auch in diesen Tagen, mit teils sperrigeren Songs im Köcher, wissen
Amplifier sehr genau, wie man ordentlich rockt, manchmal sogar einen dezenten Trancezustand herbei ruft, und den entscheidenden Funken auch ohne physische Verrenkungen ins Publikum springen lässt. Die anwesenden Menschlein, darunter sogar traditionelle Metal Fans, Alternative und Prog Freaks, Normalos, wie auch Rocker gesetzteren Alters, wussten das Gesamtpaket dementsprechend zu würdigen und dankten es unter anderem am Merchandise Stand mit einem locker sitzendem Portmonee nach einer wahrlich berauschenden Vorstellung - jederzeit und gerne wieder, meine Herren!
Amplifier Setlist:
1. Mary Rose
2. The Wave
3. Interglacial Spell
4. The Wheel
5. Extra Vehicular
6. Motorhead
7. Interstellar
8. Ufo's
9. Fall of The Empire
10. Panzer
11. Where The River Goes
12. Neon
13. Close
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14. Matmos
15. Airborne