Pilgert man normalerweise eher in die Worldcapital of Beer um in Locations wie Olympiahalle oder Zenith die Elite des Metal zu bewundern, ist es eine nette Abwechslung den kleinen aber coolen und äußerst sympathischen Club mit dem eigenartigen Namen
"59 to 1" zu betreten, in dem sich zwei Testosteronkracher aus den nördlichen Gefielden die Ehre geben wollen.
Der Laden ist gut gefüllt, die Bar ist gut gefüllt, das Publikum ist am besten Weg dazu sich gut abzufüllen und zu meiner Überaschung steigt als Opener die dänische Rotz ´n Roll Truppe
Supercharger auf die Bretter um gleich mal zu zeigen wo am heutigen Abend der Hammer hängt. Und der hängt tief, tierisch tief, die fünf Jungs liefern richtig erdigen Powerrawk a la Hellacopters ab, der gleich mal die versammelte Bangmeute auf die Probe stellt. Kompromisslos wird hier klargemacht dass
Gott uns dreckige Riffs und fette Basssaiten gegeben hat um über Bier, Weiber und Motoröl zu philosophiern und nichts anderes. Gratulation meinerseits, hier wird absolut alles richtig gemacht was eine Vorgruppe richtig machen kann,
Supercharger bringen die Meute zum schwitzen und rocken als ob es kein Morgen mehr geben würde, man ist fast schon etwas enttäuscht als der letzte Song angekündigt wird und nach einem letzten Vollgastrack die Bühne für den Hauptact geräumt wird.
Nach zwei bitternötigen Antidehydrier-Hopfenelektrolytgetränken wird die ohnehin kaum vorhandene Beleuchtung runtergedreht und
Mustasch werfen den Motor an, der anfangs bedrohlich vorsichhin brummt wie der Dieselmotor eines Panzerwagens. Was
Supercharger an jugendlicher Unbekümmerteit rausgerotzt hat machen
Mustasch mit kontrollierter Aggressivität wett, die Stücke sind konstruktiver durchkomponiert und haben trotzdem den nötigen Drive um die Schädel des Mobs kreisen zu lassen. Doomige Stoner-Stücke wie
"Accident Black Spot" oder
"Dogwash" bestimmen anfangs die Auswahl der Songs, es wird sozusagen das Fundament gelegt auf dem man aufbaut, und wirklich – die Band steigert das ohnehin von Anfang an solide Niveau mit jedem Track. Sich einprägende Ohrwürmer wie
"Falling Down" oder
"6:36" machen der Menge feuchte Augen, das Zusammenspiel der Band ist ausgezeichnet und das obwohl David Johannesson von Sparzanza als Ersatzmann für den Gitaristen Hannes Hanson einspringen musste, da letzterer im Juni die Band verlassen hat. Der neue macht seine Sache hervorragend, Fetzer wie
"Parasite" und
"Down in Black" bringt das Publikum zum Schwitzen und Frontmann Ralf Gyllenhammar amüsiert die Leute zwischen den Stücken immer herrlich mit seinen etwas eingestaubten Schuldeutsch-Sätzen wie: „Bringt mir eine Opener für mein Flasche Bier, SCHNEELLL, weil ich bin einer Rockstar!“ da bleibt kein Auge trocken. Als nach
"Monday Warrior" der aktuelle Hit
"Double Nature" mit seinem markanten Mörderriff anklingt gibts kein Halten mehr, das kleine
"59 to 1" rockt ab wie eine Wildsau kurz vor der Schlachtung und obwohl danach jeder denkt das war´s steigt die Band nach einer kurzen Verschnaufpause auf die Bühne um nochmal einen draufzusetzen, der Abend wird mit einer Zugabe gekrönt und die Fans mit dem trockendreckigen
"Black City" letztendlich fertig aber glücklich in die Nacht entlassen.
Fazit: Diese Band(s) muss man im Auge behalten. Wer beim legendären Roskilde Festival zum besten Liveact gewählt wurde und in Schweden den Grammis-Preis (das schwedische Pendant zum Grammy Award) in der Kategorie Hard Rock erhält, und somit sich unter anderem gegen Bands wie Dark Tranquility, Clawfinger, Hammerfall, In Flames, Hellacopters, Backyard Babies, Spiritual Beggars, Mando Diao und Hardcore Superstar durchsetzt, kann nicht viel Falsch machen! Wenn man dann noch Live derart professionell, druckvoll und sympathisch rüberkommt gibts von mir meine persönlichen drei Daumen nach oben.
Setlist:
In The Night
My Disorder
Dogwash
Accident Black Spot
Falling Down
6:36
I Hunt Alone
Parasite
Down in Black
Monday Warrior
Double Nature
I Wanna Be Loved
Black City