Es sind zwar gerade erst einmal 2 Jahre verstrichen seitdem
Obituary dem heiligen Land Tirol einen Besuch abgestattet haben, aber erstens stand diesmal wieder eine Headlinershow am Programm und zweitens ist das aktuelle
"Darkest Day" Album auch zwei Jahre nach der Veröffentlichung immer noch eine absolute Deathmetalgranate ohne Abnutzungserscheinungen, das jetzt endlich würdig und ausgiebig live präsentiert wurde. Darkscene packte die Kettensäge ein und verirrte sich zum Blutgericht in Kufstein um herauszufinden, dass Death Metaller auch lustig sein können.
Als Devise musste dieses Mal Leatherface seine Kettensägen auspacken und so wurde die Tour vom Promoter kurzerhand als
The European Metal Chainsaw Massacre Tour 2011 angepriesen. Als Ort des Grauens wurde gegenwärtig das Tiroler Unterland auserkoren und so fand das Stelldichein auf der Schlachtbank in der
KuFa (Kulturfabrik) Kufstein statt. Als Schlachtkumpanen und erstes Opfer fungierten die Ebbser Lokalmatadore
Relinquished, die kalifornischen Deathgrinder von
Pathology, sowie die unverwüstlichen Schwedendeather
Gravesollten dem Massaker zusammen mit der Tampa Death Metal Legende
Obituary beiwohnen. Ein gut ausgewogenes Krawall-Brutalo-Paket also, das uns Larry von GP-Music wieder einmal ermöglichte, und unter dem Aspekt, dass Kufstein das einzige Österreich-Konzert der Florida Deather darstellte und mit EURO 25,-- (Abendkasse) auch der Ticketpreis im grünen Bereich lag, konnte man gespannt sein, was die Jungs so zu bieten hatten.
RELINQUISHED
Da sich der vereinbarte Interviewtermin mit
Obituary leider etwas verspätete und die Beginnzeit der Anheizer
Relinquished, die als lokaler Support auftraten, bedauerlicherweise zeitgleich stattfand, als wir Trevor Peres ausgiebig mit unseren Fragen löcherten, mussten wir zu unserem Bedauern komplett auf die Darbietung der Tiroler Dark/Melodic Deather verzichten.
PATHOLOGY
Der Club war bereits einigermaßen gefüllt und auf der Bühne wurde Platz gemacht für eine Metzelcombo, die mir bislang zwar vom Namen und den derben Splattermotiven ihrer Albumcover bekannt war, aber soundmäßig bis jetzt bei mir noch nicht angekommen war. Das sollte sich aber schlagartig ändern, als die fünf Kalifornier aus San Diego ihr ca. 30 Minuten anhaltendes Gemetzelinferno starteten und den anwesenden KuFa-Besuchern von Beginn an mit ihrem derben, ultraharten und technisch versierten Death-Grindcore-Mix Mund und Augenwinkel weit öffneten. Schweineschlachtung war jetzt angesagt. Frontsau Jonathan Huber grunzte und quiekte bestialisch wie eine Sau passend zu mehr oder weniger gleich klingenden Grindattacken extra pervers in Mikro, und der Rest der Band trug ihr bestes dazu bei, dass Blut und Gedärme akustisch spritzten. Fast keine Abwechslung, nur extremstes, abartigstes Gegurgel und Gegrunze direkt aus dem Gulli, verpackt in eine mitreißende, intensive Bühnenshow. Das sind
Pathology, das ist Grind-Death!
Da Kufstein den Abschluss der gemeinsamen Tour bildete, blieben auch die obligatorischen Bühnenscherze nicht aus, und so entleerten während des Sets zwei
Obituary Scherzkekse einen vollen Mülleimer auf der Bühne und reinigten diese anschließend bewaffnet mit Kehrschaufel und Besen. Mit Fortdauer das Auftritts konnten die Krawallmacher aus Kalifornien immer mehr Anwesende auf ihre Seite ziehen, obwohl die vorwiegend auf Slo-Motion Death Metal geeichte
Obituary-Fanschar nicht so ganz auf Pathology vorbereitet schien, beziehungsweise nicht offen genug für eine derart derbe Soundwall war. Trotzdem waren
Pathology die wohl mit Abstand schnellste, härteste und auffälligste Bands des Abends, versetzten einen Teil des vielleicht ein wenig überforderten Publikums in wortloses Staunen und stellten zugleich ein erstes kleines Highlight des Konzertabends dar. Die guten Publikumsresonanzen konnte man auch anschließend am Merchandise Stand mitverfolgen, wo ein Teil der Jungs kurz nach Showende auftauchte und zahlreiche CDs und Shirts an den Mann brachte.
GRAVE
Die Elchtöter aus Schweden hatten es dann schon merklich leichter, beim Kufsteiner Publikum für Stimmung zu sorgen. Locker drauf und gut gelaunt mit einer Menge klasse Songs im Gepäck fing der Pit im KuFa langsam an zu brodeln.
Die knapp 25 Jahre Bühnenerfahrung von Bandleader Ola Lindgren machten sich von Anfang an bemerkbar und so zelebrierte das Grave-Urgestein und seine Mitstreiter gewohnt feinen Schweden-Old-School-Death Metal, immer sicher und souverän dargeboten, beständig wie eh und je.
Filigrantechniker waren die Schweden ja noch nie, aber trotzdem machten die Gitarren ordentlich Druck,
Grave sägten und wuchteten sich eindrucksvoll durch eine Best-Of ihrer zahlreichen Alben. Songs wie
"You’ll Never See" oder
"Dismembered Mind" wurden vom Publikum ebenso begeistert aufgenommen wie die beiden Klassiker
"Soulless" und
"Into The Grave".
Als Gageinlage brachten die Jungs von
Obituary diesmal einen Stehtisch auf die Bühne, drapierten Blumensträuße auf den Boxen, deckten das Tischlein fein säuberlich mit Tischtuch, Gläsern und Getränken, tranken Bier, führten Smalltalk und versorgten abschießend auch die
Grave-Musiker immer wieder mit Bier, Wasser und Organsaft.
Sieht man auch nicht alle Tage!
Mit zunehmender Dauer des Sets war die Luft beim Publikum zwar langsam raus, aber in Summe kann man von einem absolut zufriedenstellenden ca. 45-minütigen Auftritt der schwedischen Death Metal Insitution
Grave sprechen, der durchwegs Spaß machte und die Spannung auf
Obituary erhöhte.
OBITUARY
Die Headliner spielten dann in einer ganz anderen Liga. Die Kulturfabrik war mittlerweile gut gefüllt, wenn auch mit knapp 250 Leuten nicht komplett voll, was bei der stickigen, verrauchten und feuchten Luft dann auch ziemlich egal war. Die ersten unverwechselbaren Töne von Gitarrist Trevor Peres erklangen und das unverkennbare Geröchel von John Tardy, den man vor lauter fliegender Haare nur ab und zu betrachten konnte, reichte aus und die Meute vor der Bühne ging zum ersten Mal richtig ab. Unglaublich wie der ureigene, simpel gestrickte Obituary-Sound immer wieder fett und wuchtig aus den Boxen dröhnte. Das Massaker erreichte jetzt seinen lang ersehnten Höhepunkt und das Quintett aus Florida war an diesem Abend sichtlich gut gelaunt.
Hits wie
"Chopped In Half",
"Turned Inside Out",
"Threatening Skies" oder
"The End Complete" wurden locker frech mit einer Riesenportion Spaß in die jubelnde Menge abgefeuert und vom Kufsteiner Publikum dankbar aufgenommen.
Zum Ende des regulären Sets gab dann wie immer Donald Tardy noch einmal sein Bestes und verprügelte im Alleingang seine Felle aufs abartigste, ehe Scherzkeks und Soletti-Connoisseur Ralph Santolla auch noch ein paar Solo-Töne von sich gab und sich vor einem Spiegel, der von den Grave-Jungs auf die Bühne geholt wurde, eine Lederjacke anziehen musste und zudem noch geschminkt wurde. Gebraucht hat das wie immer niemand, aber was soll's, John Tardy hatte eine kleine Verschnaufpause bekommen, ein wenig Zeit zum Erholen und die Brücke zum Grande Finale wurde damit wiederholt spaßig gelegt.
Im Zugabenblock beglückten die Tampa-Jungs dann mit All-time-Klassikern wie
"Slow Death",
"Evil Ways" und dem obligatorischen Rausschmeißer
"Slowly We Rot" und beendeten eine schweißtreibende, zum wiederholten Mal beeindruckende Show, die knappe 75 Minuten dauerte und fast niemanden im Publikum kalt lies.
Die akustische Tiroler Ausgabe des Kettensägen Massaker und
The European Metal Chainsaw Massacre Tour 2011 war somit offiziell beendet, und man kann sagen, dass es zumindest an diesem Abend keine richtigen Verlierer, sondern nur Gewinner gab. Zurück blieb ein durchwegs zufriedenes von jung bis alt bunt durchmischtes und glückliches Metal-Publikum zusammen mit einer wiederholt feucht-verschwitzen KuFa.