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Stone Sour, Hellyeah
22.11.2010, Kesselhaus, München 
 
Weihnachtsschlumpf Corey Taylor geigt mit seinen Mannen von Stone Sour im winterlichen München stark auf! Mit von der Partie waren die Metal-Cowboys von Hellyeah - und natürlich Darkscene...
M a r v
M a r v
(7 Live-Berichte)
Wie hatte es früher doch immer so nett geheißen: Man kann nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Heute würde man eher sagen: Hey Alter, du kannst nicht auf der einen Hochzeit saufen und auf der anderen die Braut... aber lassen wir das mal bei Seite. Aber es ist einfach so, man kann sich halt einfach nicht zerreißen, manchmal muss man sich entscheiden, und so ging es sicherlich vielen Rockfans als letztes in München am selben Abend nur ca. 100 Meter voneinander entfernt einerseits die australischen Hardrock Jungstars Airbourne und das amerikanische Doppelpack Hellyeah und Stone Sour auf der anderen Seite die Marshalls zum glühen brachten.



Eigentlich hätte man damit gerechnet, dass sich beide Veranstaltungen gegenseitig das Publikum wegschnappen, aber zumindest das Kesselhaus war schon recht früh am Abend rappelvoll mit hauptsächlich jugendlichem Rockfans die auf Corey Taylors Truppe warteten, nur ganz vereinzelt konnte man auch ältere meist schwer tätowierte Kaliber mit Bikerboots in Hellyeah oder Pantera-Shirts ausmachen, für das Jungvolk war die Truppe aus Texas ein unbeschriebenes Blatt. Wie formulierte es Drillsergeant Hartman damals in Full Metal Jacket doch so nett? "Bullshit! Aus Texas?! Nur Stiere und Schwule kommen aus Texas, Private Cowboy, und nach ´nem Stier sehen sie mir nicht gerade aus, also wird die Wahl doch eng."

Doch als die Lichter ausgingen und als Einmarschhymne AC/DC’s "For Those About To Rock" ohrenbetäubend aus den Boxen krachte war sämtlichen Anwesenden klar, dass es wahrscheinlich doch eher Stiere sind die gleich die Bühne entern werden, und als Vinnie Paul (Pantera, Damegeplan) zu den Klängen von AC/DC Drummer Phil Rudd in seine Felle drosch um den Opener "Hellyeah!" einzuleiten bereute keine einzige Seele in der Halle mehr die Entscheidung an diesem Abend ins Kesselhaus gepilgert zu sein. Um es kurz auf den Punkt zu bringen: Hellyeah hatte die anwesende Meute spätestens nach dem zweiten Song komplett in der Tasche. Die fünf Südstaaten-Metal-Cowboys rockten die Halle als ob es kein Morgen mehr gäbe, Chad Grey (Mudvayne) brüllte sich die Seele aus dem Leib und knallte sich vor lauter Extase beim Bangen das Micro im Takt an seine Birne, die Gitarrenfront Tom Maxwell (Nothingface) und Greg Tribbett (Mudvayne) rifften sich gegenseitig an die Wand und Basser Robzilla (Damegeplan) gab dem Ganzen den nötigen Groove um die Halle zum beben zu bringen. Die Cowboymetal-Supergroup um Vinnie Paul (Bruder vom 2004 auf der Bühne erschossenen Pantera Gitarristen Dimebag Darrell) der durch sein ausgefeiltes Double- Bass Spiel legendär geworden ist besticht aber nicht nur mit Virtousität an den Instrumenten, den hervorragenden Backing Vocals von Greg und Rob (teilweise fast schon feuchte Augen) oder den absoluten Einsatz, sondern auch und vor allem die Nähe an den Fans wird uneingeschränkt groß geschrieben. Hier stehen nicht ein paar überhebliche Pseudo-Rock-Altstars auf den Brettern, hier wird eine Party gefeiert mit den Fans für die Fans, so als ob alle auf einem riesigen Familien-Barbeque wären mit kaltem Bier, Whisky und Lifemusic – 100% sympathisch und down to earth! Diese Bodenständigkeit und der Respekt, den die Musiker voreinander haben in Kombination mit der ultracoolen „Wir-treten-der-Welt-einen-neuen-Arsch-Attitüde“ macht Hellyeah zu einer der authentischsten Truppe im heutigen Rock `n Roll Business.



Die Show ist zwar mit einer knappen 3/4 Stunde viel zu kurz für meinen Geschmack, aber Fetzer wie "Matter Of Time, You Wouldn't Know" oder "Stampede" und Biervernichtungshymnen a la "Hell Of A Time" und "Alcohaulin' Ass" sorgen für eine unglaublich tighte Show, quasi ein Quickie bei dem gleich zur Sache gegangen wird ohne vorher lang rumzusülzen. Kurz aber intensiv ist eh besser als lang und weilig, man wird ja auch nicht jünger, also war nachdem als letzter Song der heurigen Europa-Tour "Cowboy Way" in die dampfende Menge gerotzt wurde erst mal Bierpause angesagt - weil da kamen ja noch... ah ja genau, Stone Sour.

Natürlich war für mich total klar, dass es für Stone Sour unmöglich war, mit dem letzten doch etwas schwächelnden Album in Gepäck mit dem eben erlebten Groove- und Riff-Gewitter mitzuhalten. Skeptisch den Umbau beobachtend harrt man halt der Dinge die da noch kommen mögen, die Produktion scheint die doch etwas happigen 42€ zu rechtfertigen, da wird ganz schön viel auf die Bühne geschleppt! Irgendwann ertönt der Queen Klassiker "We Will Rock You" (1:0 für Hellyeah mit FTATR) und Corey Taylor springt unter den Klängen von "Mission Statement" auf das Podest das man extra für ihn auf der Bühne errichtet hat. Und hey... das fetzt gar nicht schlecht! Der Sound ist glasklar und druckvoll (besser als bei Hellyeah) und Stone Sour geben von Anfang an mächtig gas. Die Songs vom neuen Album "Audio Secrecy" zünden live weit besser als auf CD und die alten Hits vom Überalbum "Come What Ever May" wie "Your God" oder "Made Of Scars" sind sowieso jene Nackenbrecher vor dem Herren die das Publikum braucht.



Aber so gut die Band auch mittlerweile als homogene Einheit jenseits des ehemaligen Slipknot-Sideproject-Images funktioniert, DER Star ist und bleibt Corey Taylor. Er zeigt was es im Jahre 2010 braucht um das Publikum von der ersten Sekunde an im Griff zu haben, es ist buchstäblich eine Lehrstunde in Sachen Entertainment, fast schon ein Sinatra des harten Rocks. Corey spricht mehr als nur ein paar Worte auf deutsch zu den Fans zwischen den Songs, erzählt zwischendurch witzige Anekdoten und scherzt mit dem dankbaren Publikum und von einer Sekunde auf die Andere fegt er wieder über die Bühne um sich zum Sound von Stone Sour den Schädel wegzubangen. Alles wirkt dabei spontan und nicht einstudiert, als zum Beispiel bei seiner Solo-Akustikeinlage von "Bother" eine Weihnachtsmannmütze auf die Bühne fällt setzt er sie sofort auf seinen kahl geschorenen Schädel, zieht ein paar Grimassen und erntet dafür ausgelassenes Gelächter vom Publikum. Daraufhin unterbricht er den Song um mit den Fans erst mal eine Weile lang "Jingle Bells" zu singen, beobachtet von seinen Bandkumpels die mit einem breiten Grinsen kopfschüttelnd am Bühnenrand stehen während sich das ganze Kesselhaus bei "Jingle Bells" die Kehle aus dem Hals brüllt.

Doch nicht nur Corey, die ganze Band scheint am letzten Abend der Tour prächtig gelaunt zu sein, irgendwann kommt Basser Shawn Economaki (der die Show übrigens unter anderem mit Bässen vom kürzlich verstorbenen Slipknot-Bassisten Paul Gray spielte) mit einem Tape auf seiner Glatze auf dem Shawn is a cunt zu lesen ist, und bringt dadurch die anderen so zum lachen, dass sie Mühe haben nicht den Rythmus zu verlieren. Aber die Beste Aktion des Abends ist als Corey Taylor beim Kracher "Get Inside" das Publikum von der Bühne aus in zwei Hälften trennt – augenblicklich kommt das übliche „Wall of Death“ Geschrei von den Kids – aber Corey erklärt, dass es sich hier um eine „Wall of Dance“ handelt und jeder auf Kommando seinen verrücktesten Disco-Tanzschritt rauslassen soll! Als er anschließend noch bei der „Wall of DanceChad Gray von Hellyeah auf die Bühne zerrt um mit ihm in bester „Pulp Fiction“ Manier einen auf Discoking rauszulasssen hat sich sicherlich so manch Anwesender vor lauter Lachen in die Hose gepisst – absolut göttlich und dermaßen selbstironsch, dass es besser nicht mehr geht!



Die zahlreichen, vor allem überdurchschnittlich vielen weiblichen Fans bedankten sich mit frenetischem Applaus, und um zu zeigen, dass man auch gekommen war um den Leuten auch richtig den Schädel weg zu rocken wurden als Zugabe noch vom neuen Album The Bitter End und die beiden Kracher "Hell & Consequences" und "30/30 150" in die dankbare Menge gefetzt.
Stone Sour hat wieder mal – wie üblich aber von mir unerwartet – total positiv überrascht und hätte gegenüber den grandios aufspielenden Hellyeah sogar ein Unentschieden herausgeholt, wäre da nicht noch in der Nachspielzeit das 2:1 für die Südstaaten-Cowboys gefallen! Hellyeah verkauften ihre Bandshirts am letzen Abend der Tour für läppische 10€, Stone Sour verlangten drei mal so viel...



Setlist Hellyeah:

Hellyeah!
Goddamn
Matter of Time
Hell Of A Time
You Wouldn't Know
Stampede
Alcohaulin' Ass
Cowboy Way

Setlist Stone Sour:

Mission Statement
Reborn
Made Of Scars
Say You'll Haunt Me
Unfinished
Let's Be Honest
Your God
Bother
Through Glass
Digital (Did You Tell)
Get Inside
-------------
The Bitter End
Hell & Consequences
30/30-150

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