Es ist gut, wenn sich eine Prophezeiung erfüllt. Insbesondere, wenn sie gute Tage verspricht. Im vorliegenden Fall zwar "nur" 43 Minuten, aber die haben es in sich! Als letztes Jahr das
Cross Vault-Debüt
"Spectres Of Revocable Loss" erschien, standen einige auserlesene Kreise Kopf. Nicht wenige Stimmen verlautbarten, dass das Detmolder Trio sich die Atmosphären-Doom-Speerspitze bald mit
Pallbearer teilen könnte, Optimisten sagten sogar voraus, dass die unerreichten
Warning würdige Nachfolger gefunden hätten. Tatsächlich, wer Stücke wie "A Query In Chains" schreibt, hat zweifellos das Potential dazu. Dass es dann doch noch ein Stück zu schaffen galt, lag hauptsächlich daran, dass aus diesem Pool nicht über die gesamte Spielzeit geschöpft wurde und das
"Footprints"-Cover zeigte, was für einen enormen Unterschied ein Patrick Walker macht.
2015 stehen die Zeichen dafür vollends auf Sturm.
"The All-Consuming", der neue Doom-Amboss, passenderweise geschaffen zur traurigsten Jahreszeit, ist genau das geworden, was er sein sollte. Fünf exquisite Lieder zu im Schnitt fast 9 Minuten werden hier von Sänger N., Gitarrist/Bassist M. und Schlagzeuger Skullsplitter entfesselt und man entschied sich ohrenscheinlich dafür, alles vertrackte oder "Power Doom"-artige herauszulassen und den Pfad der Atmosphäre zur Gänze zu beschreiten, dabei aber nie den, Achtung, Häresie, "Liedermacher"-Geist von
40 Watt Sun zu sehr einzuatmen.
Das vom Titel an den Vorgänger erinnernde "Revocable Loss" ist zweifellos der doomigste Einstieg 2015 und nach einer tonnenschweren Akustikgitarre, die sich mit einer in tiefster Trauer befindlichen Leadgitarre paart, folgt ein Moll- Gewitter, das Seinesgleichen sucht, dabei nicht fündig wird und jedem Fan der eingangs genannten Vergleiche, aber auch
My Dying Bride und
Saturnus (Gesang weggedacht!), wahlweise vor Freude hüpfen, oder, Genre-freundlicher ausgedrückt, eben in nachdenklicher Demut versinken lässt. Die Musik von
Cross Vault ist wirklich zum "eintauchen". Als großer Pluspunkt ist auch die verbesserte Gesangsleistung zu nennen, die diesmal, ein-zwei zu groß gedachten Passagen zum Trotz, durchgehend Spaß macht.
Auf gleichem Niveau ist "Simple Marksman In The Pines" anzusiedeln; eine Leadgitarre, die allein mehr Heaviness hinlegt, als die gesamte letzte
Witchsorrow, gefolgt von einem "Watching From A Distance"-artigen Hauptthema; ja, so muss das klingen. Der ganz große Höhepunkt von
"The All-Consuming" kommt mit "Amber Nights" gleich hinterher.
Cross Vault haben ganz offenbar verstanden, wie sehr Akustikparts ihrer Art Doom Metal helfen können und schaffen hier eine semi-folkige Klangwelt, die etwa zur Hälfte des Songs einer unglaublichen Schwere weicht. Danach hat der Titeltrack naturgemäß einen schweren Stand, aber der Einstieg über das Schlagzeug zeigt, dass man erfolgreich versucht, hier nichts gleich klingen zu lassen, was gerade in diesem leider zu oft repetitiven Genre ein lobenswerter Ansatz ist.
Einen Monolithen gibt es zum Schluss mit "The Words That Pierce No Soul". Sehr, sehr, sehr heavy. Bands wie
Dread Sovereign würden für so ein Stück töten! Gerade hier fällt auch auf, wie viel besser der Sound im Vergleich zu dem (auch recht anständig produzierten!) Debüt ist.
Somit ist "The All-Consuming" ein spätes Jahreshighlight, das Cross Vault ohne Umweg als dicken Punkt auf der Doom-Landkarte sichtbar macht und von jedem, der von "Bridges" bis "The Ghost I Used To Be" alles mitsingen kann, unbedingt gekauft werden muss!