Es ist wieder mal an der Zeit für die Darkscene-Crew, ein wenig
über den musikalischen Tellerrand hinaus zu blicken. Und was bietet sich da alle 5 bis 10 Jahre besser an, als ein neues
Prodigy-Album? In der Tat ist es schon wieder 6 Jahre her, seit uns
The Prodigy mit dem Überhammer
"Invaders Must Die" dermaßen brutal die Gehörgänge durchputzten und zugleich die Wadeln am Dancefloor zurechtbogen, dass es auch auf dieser Plattform nur die Höchstpunktezahl geben konnte. Und das trotz fucking home of hard rock and heavy metal, bitch!
"The Day is my Enemy", immerhin erst Album Nummer sechs in der Geschichte dieser wohl Metal-kompatibelsten Elektronik-Band, darf nun getrost als ein würdiger Nachfolger gesehen werden.
Dunkler und aggressiver gehen die drei Briten um Mastermind Liam Howlett diesmal zu Werke, wobei jedoch an der Erfolgsformel nur geringfügig nachgebessert wurde. Aber warum sollte man auch? Dies ist der
perfekte Soundtrack mit absolutem Crossover-Appeal, bei dem die Ecstacy-abgefüllte Dancefloor-Schnalle genauso ihren booty schüttelt, wie der wütende Anarcho-Punk, der sich mit dem letzten geschnorrten Cent noch schnell ein billiges Lidl-Bier in die dürre Figur knallt, bevor er
im Alternativ-Club seiner Wahl die Toilette auseinander nimmt.
Wenn Liam Howlett seinen Laptop anwirft, gibt es
keine billigen David Guetta-Schnulzen für fette Gelhaar-Pseudos, die gern mal in der Schicki-Disco ein paar ungelenke Arschwackler präsentieren, in der Hoffnung, dass doch eine dieser blonden Make-up-Püppchen ihre Stöckelbeschuhten Hufe mitschwingt . Nein, bei Prodigy perforieren
gnadenlose Breakbeats und fetteste Bässe auch den stärksten Magen, darüber legen sich
zahllose Schichten an bekannten und noch nie gehörten Sounds der unheimlichsten Art und bereiten somit den perfekten Teppich für Maxim und den durchgeknallten Kapputnik Keith Flint, die darüber ihre wütenden Parolen brüllen, bis auch der letzte Amphetamin-Zombie kapiert hat, dass Prodigys Elektro-Sounds abseits der Hitparaden einfach
der geilste Scheiß seit Slayers Reign In Blood sind.
Und auch wenn man wieder mal gitarrentechnisch ziemlich unterbesetzt ist, wird sicher auch der etwas weltoffenere Metal-Fan
"The Day Is My Enemy" goutieren, denn in Sachen
Power und Härte stecken The Prodigy noch jedes True Metal-Kasperltheater in die pillengefüllte Tasche. Wer bei diesen Mörder-Sounds nicht automatisch den Arsch Richtung Tanzboden schwingt, kann kein Guter sein oder fristet sein kümmerliches Restdasein schon seit langem in einem Zustand der Halbverwesung.
Will man an
"The Day Is My Enemy" – schon alleine der programmatische Titel sollte grufterfahrene Death-Metal-Bleichgesichter zu potentiellen Prodigy-Anbetern machen – trotz allem etwas kritisieren, darf man Howlett und Gefolge gerne ankreiden, dass sie sich eigentlich seit dem glorreichen Überalbum
"The Fat Of the Land" nicht mehr wirklich weiterentwickelt haben. Zudem sind eventuell
14 Tracks doch etwas zu viel des Guten, da sich irgendwann beim Hörer nach der Breakbeat-mäßigen Dauerbefeuerung doch eine
gewisse Erschöpfung breit macht.
Da es jedoch auch nach dem 20. Durchlauf immer noch Neues zu entdecken gibt, sei es auch nur eine weitere Gliedmaße, die unkontrolliert zuckt, empfiehlt der Professor Liam Howlett, Maxim und Keith Flint diesmal
9 von 10 lagernden Barbituraten, denn was zu viel ist, ist einfach zu viel. Dieses ewige Zucken muss ein Ende haben, eine weitere Dosis
Prodigy übersteht der Professor nicht mehr.