Achja,
Frontiers, immer wieder.
Bisweilen erinnert das Label ein wenig an eine große Inzest-Familie, in der jeder mal mit jedem... eine Band gründet. Während es in einigen Fällen über solche kurzlebigen Kollaborationen zu phantastischen Alben wie jüngst
Sweet&Lynch kommt, gibt es mit der gleichen Quote auch Bauchlandungen wie
Timo Tolkki's Avalon, wo kaum etwas zusammenpasst. Mit
Level 10 gibt es eine Premiere zwischen den Kategorien:
Hier passen die Namen, aber die Musik bleibt über weite Strecken unauffällig bis langweilig. Aber woran scheitert das Projekt? Und gibt es doch noch Hoffnung, sprich Zielgruppe samt Käufer?
Der erste große Name des Debütalbums
"Chapter One" (einen besseren Titel hat man nicht finden können?!) ist
Mat Sinner.
Für die Einen der Lieferant beständig guter Musik, für die Anderen der Gestalt gewordene Untergang der Inspiration, in Wahrheit jedoch nur ein netter Sänger und unauffälliger Bassist ohne Vorstellung des Begriffs "Innovation". Dann wiederum für die Einen eine echte Rampensau und Liveauthorität, für die Anderen das stellvertretende Gesicht von Pausenbands, in Wirklichkeit ein Bühnenveteran, den man ein Mal gesehen haben sollte und sich dann wieder Wichtigerem widmet.
Der zweite Superstar ist
Russel Allen, den man mit
Symphony X und damit einigen guten Prog-Scheiben in Verbindung bringt, im Zuge von Frontiers Records zum gleichen Teil auch mit dem erfolgreichen Projekt
Allen/Lande,
in dem er sich regelmäßig zu gut komponierter Musik von Norwegerkönig Jorn an die Wand singen lässt. Jenes bereits vier Alben andauernde Projekt hatte den Vorteil, stets von guten bis sehr guten Songschreibern unterstützt worden zu sein. Bei
Level 10 ist es Mat Sinner. Es schwant einem Übles.
Nun, so schlimm ist es nicht geworden. Das Cover, genau wie Bandname und Albumtitel, schon, aber ansonsten lässt sich festhalten, dass es keinen einzigen Ausfall auf
"Chapter One" zu vermelden gibt. Überall gibt es schnell vergessene Strophen, okaye bis sehr gute, routinierte Refrains, Mittelklasse-Riffs, zigtausend Mal gehörte Synthie-Orchester-Untermalung und eine ganze Menge biederer Lyrics. Der Opener "Cry No More" steht für diese Mixtur Pate. Klassische "Fünftes Lied eines Label-Samplers"-Musik, die nicht weh tut.
Zum Skippen neigt man dann eher bei der kurzfristig gedachten Ballade "All Hope Is Gone" oder dem Abiband-Stampfer "The Soul Is Eternal". Aber letztlich krankt die CD wie kaum eine zweite an ihrer Voraussehbarkeit. Selbst
U.D.O. und
Jorn hauen dann und wann Überraschungen 'raus, die den Albumfluss auflockern. Ja, nicht einmal
Primal Fear stagnieren so sehr. Dabei sind die Ansätze durchaus zu hören. Riffs wie in "In For The Kill" oder "Demonized" würden eine leckere 8-Punkte-Platte machen, aber diese Refrains; ausgerechnet zu diesen gelungenen Starts...
So ist Level 10 vielleicht die unscheinbarste Band des Jahres 2015. Dass Fans der beiden Namen sich locken lassen, ist fast schon vorprogrammiert, aber eine EP mit den ersten beiden Stücken hätte viel mehr her-und den ein oder anderen Skeptiker auf ein (durchdachteres) Album heiß gemacht. Aber nun ist
"Chapter One" eben
ein Schnellschuss geübter Musiker, die den Biss verloren zu haben scheinen.