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10.0
Wir schreiben das Jahr 2014. Bobby Lieblings beehrt uns im Studio und live seltener denn je. Witchfinder General sind nur noch ein Schatten aus längst vergangenen Tagen. Ozzy Osbourne hat keinen Bizeps. Muss man wirklich alle Hoffnung fahren lassen? Sind die Helden des klassischen Doom Metal mit hörbaren Bluesrockeinflüssen so selten geworden, dass man selbst Halbstarke wie Orchid als Hoffnung am Horizont feiern muss? Man wird zugeben, das Jahr hat viele Sparten der langsamen Heavy-Musik bedient, nur die klassische Theorie scheint langsam zu verkümmern.
Zwei Jahre vor diesem verschriftlichten Fundamentalzweifel gründet sich in Chicago eine Band, deren Besetzung viele Fans vor Freude aufschreien lassen muss. Jeff Olson, Ron Holzner und Eric Wagner in einer Band? Hossa, da jauchzt der Trouble-Jünger genauso wie der Pentagram-Fanatiker, der mit Matt Goldsborough einen alten Bekannten (zumindest theoretisch, denn der bärtige Hühne arbeitete nur live mit der Gruppe zusammen) auf der Namensliste wiederfindet. Lothar Keller von Sacred Dawn (eigentlich eine Progressive Metal-Band) rundet das Line-Up schließlich ab. Schöne Sache, aber nachdem ein Album eine gewisse Zeit ausblieb, verblich das Wissen um die möglichen Hoffnungsträger langsam. Zurück zur Gegenwart. Wo sich zum Jahresende diverse Rockgrößen mobilisieren, scheint es, als wäre für den fortgeschrittenen Metaller die Veröffentlichungswelle zurückgefahren. Dabei sollte der 4. November in den Geschichtsbüchern aller Fans von Black Sabbath, Pentagram und, natürlich, Trouble dick markiert werden, denn, so viel nehme ich vorweg, das The Skull-Debüt "For Those Which Are Asleep" ist ein einziger Brecher geworden, der locker alle Doom-Veröffentlichungen nach 2008 gefaltet in die Tasche steckt. Ja, mit solchen Äußerungen gilt es vorsichtig zu sein, aber nach 2-monatigem Hören hat sich diese Auffassung kein bisschen geändert. Dabei ist das Albumcover auf den ersten Blick recht unscheinbar und würde ganz bieder für die meisten Genres repräsentativ wirken. Für das Logo gilt übrigens das Selbe. Sicher, der Bandname ist eine Hommage an eines der größten Alben auf diesem Planeten, aber der durchschnittliche Hörer verbindet damit leider nichts. 50 Minuten Musik erwarten einen ebenso wie ein nettes, auffaltbares Booklet, halb Poster, halb Songtext-Präsentation. Auf 10 Lieder verteilt sich das Material, darunter naheliegenderweise ein Trouble-Cover, das trotz seiner Qualität verzichtbar gewesen wäre. Mit den ersten Anschlägen von "Trapped Inside My Mind" offenbaren sich gleich zwei Dinge: Die Produktion ist genau so, wie sie 2014 bei einer Band dieses Metiers sein kann und sollte; tadellos, klar und tief. Die Schmutzigkeit der frühen Trouble-Werke transportiert einzig das Songmaterial selbst und das ist ein konsequenter und vorbildlicher Schritt. Riffs wie Hammerschläge und ein Gesang, der nöliger kaum sein könnte, ein Refrain, der sich direkt im Ohr einsetzt, eine Grundstimmung, die weder depressiv noch erhebend wirkt, sondern einfach nur direkt und böswillig. Akustischer Mittelpart inklusive. Das, werte Leser, ist der perfekte Einstieg für ein Doom-Album. "The Touch Of Reality" beginnt ähnlich, erinnert aber viel stärker an neuere Pentagram-Kompositionen; gerade im Refrain. Hätte auf dem hervorragenden "Last Rites" eine prima Figur gemacht! Man beachte auch das ausgereifte und präzise Gitarrensolo; in diesem Bereich wird in den folgenden Liedern noch oft aufgetrumpft. Der Star des Lieds bleibt trotzdem Eric Wagner, der sich mit einer zurückgehaltenen Aggression durch das Lied therapiert und hin und wieder im Refrain halbwegs ausbrechen darf. Gefährlicher klang die Konkurrenz nie. Das folgende "Sick Of It All" kriecht mit einem Doom-Riff erster Güte um die Ecke und zeigt auf, dass man keine 30-minütigen Stücke schreiben muss, um die Zeitlupe zu aktivieren. Der einen bitterbösen Text transportierende Gesang tut es den Gitarren gleich und auch der jazzlastige Geezer Butler-Gedächtnis-Bass trägt zu diesem Musik gewordenen Hauptgewinn bei. Gegen Ende kann man sich nur noch in den Staub werfen, denn ein schnellerer, groovenderer Part beschließt das Stück; man fühlt sich erinnert an die frühen Zeiten des Genres, als dieses Stilmittel noch gängiger war. Grandios! Nachdem sich diese Tür geschlossen hat, öffnet sich schon die nächste; mit "The Door" folgt nämlich der erste depressivere Track des Albums. Hier wird auch ganz im Stile neuerer Candlemass/Krux ein tragendes Keyboard eingeführt, welches aber nicht kitschig, sondern bedrückend wirkt. Kleine Akzente mit der Leadgitarre fügen sich perfekt ein und das Solo ist womöglich die Definition des Wortes "songdienlich". Spätestens ab diesem Punkt fragt man sich, wie man ohne dieses Album je ausgekommen ist; nicht ein einziger Ton von The Skull wirkt, als wäre er nicht lange durchdacht worden. "Send Judas Down" ist ein Lied in der Tradition von "Into The Ground", "Friends Of Hell" und Ähnlichen; fast schon fröhlich und schnell für ein Doom-Lied, aber eben deshalb nicht einen Tick weniger gefährlich. Im selben Stil ist auch das folgende "A New Generation" arrangiert; sogar ein bisschen mehr, so dass man erstmals von einem fast lupenreinen Heavy Metal-Track sprechen kann, was besonders im Solo deutlich wird. Es sei dazu abermals angemerkt, dass die Texte auf diesem Album allesamt wie der vielzitierte Arsch auf Eimer passen. Ein dritter in diesem Bunde ist "Till The Sun Turns Black", das auf eine unheimliche Art sehr tanzbar durch die Boxen kommt. Wer den Refrain vernimmt, weiß wovon die Rede ist. Fast schon eine logische Wahl für eine Singleauskopplung, wenn diese denn irgendeine Relevanz im breiteren Markt hätte. Nein, über Nischenmusik kommen The Skull nicht hinaus und wer z.B. Candlemass (natürlich nicht unberechtigt) als Doom-Speerspitze sieht, mag einige Einarbeitungszeit brauchen, doch genau so muss das auch sein. Kommen wir zum Highlight des Albums; der Titeltrack "For Those Which Are Asleep" ist eine Offenbarung; akustische Parts im Wechsel mit brachialen Riffs, feinfühlige Soli und Einwerfsel, eine enorme Bassdichte und ein ziemlich grooviges, den Kern des Liedes als episches böses Märchen dennoch nicht verfehlendes Schlagzeug und der beste Eric Wagner seit 1991 zaubern über 7 Minuten den feuchten Traum jedes Trouble-Jüngers auf Platte. Wäre Black Sabbath's "God Is Dead" der geile Track geworden, der er sein könnte, würde er so klingen, aber als Referenz bieten sich hier nur die größten Taten der Geschichte langsamer Musik an. Mit "Sometime Yesterday Mourning" ist das Ende des regulären Albums erreicht. Die Singleauskopplung kann nach dem vorangegangenen Meisterwerk nur abfallen, bietet aber mit seinem etwas ausgebremsten Heavy Metal einen mehr als versöhnlichen Abschluss. Auf anderen Alben wäre so ein Gitarrenduell übrigens das klare Highlight! Endgültig abgeschlossen wird mit "The Last Judgement", dem eingangs angesprochenen Covertrack, der auch in dieser Version Spaß macht. Warum man sich nicht ein etwas fremderes Stück auswählt, bleibt suspekt, aber beschweren kann man sich nach diesen 50 Minuten nicht. Alles Andere als die volle Punktzahl für The Skull wäre ein Vergehen, denn derart perfekt gespielten Doom Metal (über weite Strecken Doom Rock, jaaaa) hat man lange nicht gehört. Man kann nur hoffen, dass eine umfangreiche Tour ansteht. Einziger Knackpunkt: Jedes Album, das nun folgen soll, wird den schwerstmöglichen Stand haben, denn die Erwartungshaltung nach "For Those Which Are Asleep" muss grenzenlos sein. Im Übrigen können sich alle anderen in diesem Review aufgezählten Bands darauf einstellen, dass ihre Folgealben sich hieran messen lassen müssen und aller Erwartung nach massiv paniert werden. Trackliste
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