Wir betreten die Rubrik "Geheimtipps, die keine mehr sein dürften".
Agalloch sollten eine der ganz großen Black Metal(?)-Bands der letzten Dekade sein; stattdessen ziehen ungerechterweise
Watain und Ähnliche an ihnen vorbei. Die Genrebezeichnung ist natürlich nicht ganz richtig; die Band passt in keine Schublade, denn neben der schwarzen Raserei, die inzwischen völlig minimiert wurde, spielt man phantastischen Doom Metal, viele tolle Akustikparts, Folk Metal, teils sind auch reine Heavy Metal-Leads zu vernehmen, etc. Eines ist jedoch auf allen Alben und EPs festzuhalten: Füller gibt es keine. Jedes Lied trägt zur herbstlichen Atmosphäre bei und ob klarer oder gutturaler Gesang, es passt immer alles. Mit
"Marrow Of The Spirit" wurde 2010 der Höhepunkt erreicht; mehr ist aus einem Album nicht herauszuholen. Mit diesem Wissen kann man entspannt an
"The Serpent & The Sphere" herangehen, denn es gibt nichts mehr zu beweisen.
Mit "Birth And Death Of The Pillars Creation" wird einem sogleich ein hervorragendes Stück Kunst serviert, 10 Minuten können wirklich so spannend gefüllt werden. Harter Doom und folkige Gitarren wechseln sich ab und ergänzen sich über kurze Strecken und der Kritikpunkt vieler Hörer, der durchschnittliche Black-Gesang, wird nur kurz eingesetzt. Also müssen auch Heavy Metal-Fans keine Berührungsängste haben, so viel sei gesagt. "(Serpents Caput)" ist ein wunderschönes Zwischenspiel; eine der großen Stärken der Band. Mit dem folgenden "The Astral Dialogue" befinden wir uns dann im Bereich des epischen Heavy Metal, der mit dem gekrächzt-geflüsterten Gesang eine interessante Symbiose bietet. Das Riffing des Mittelparts würde jeder gestandenen Teutonenband gut zu Gesicht stehen!
"Dark Matter Gods" besteht dann wieder aus einem ruhigeren Beginn mit einem sich vorsichtig herantastenden Gesang, wobei im Verlauf des Liedes auch schwere Gitarren aus sich herausbrechen, während der Mann am Mikro sich immer kontrollierter Aggression hingibt. Ein geglücktes Experiment mehr. Das Ende mit den Gallopp-Drums und den sanften Gitarren, die in einen grandiosen Lead münden, sei besonders hervorgehoben. Es reiht sich Highlight an Highlight; ob man nun das bewegende "Celestial Effigy" heranzieht, das
Primordial-ähnliche "Vales Beyond Dimension" oder das Albumhighlight und 12-Minuten-Monster "Plateau Of The Ages". Trotz all dieser Killer wird der Standart von "Marrow Of The Spirit" nicht erreicht, aber wie soll das auch als Maßstab herhalten können?! Kein einziger Fan kann von
"The Serpent & The Sphere" enttäuscht sein und ich denke, dass es in vielen seriösen Jahresendlisten einen hohen Rang einnehmen wird.
Agalloch treten der ungerechten Aufmerksamkeitsverteilung der Metalwelt mit einem tadellosen Album entgegen und beweisen, dass sie sich die guten Ideen nur so aus dem Ärmel schütteln. Sicher ist es spezielle Musik, die ein Ablegen von Scheuklappen erfordert und ich glaube auch, dass sich Fans von
Bathory,
Primordial und
Burzum hier genauso zu Hause fühlen sollten wie die von experimentellen
While Heaven Wept. Diese US-Amerikaner haben die Kühle Skandinaviens mehr verinnerlicht als so ziemlich alle Black Metal-Bands dieser Region.
"The Serpent And The Sphere" ist ein einwandfreier Beweis.