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8.5
Eine der meist herausragenden Bands der letzten Dekade meldet sich nach vier Jahren Funkstille zurück. Funkstille zumindest, was vollwertige Studioproduktionen betrifft, denn die öfter nach hinten verschobene VÖ der Doppel-Live-DVD "Reality Dream" und die alte Schätze beherbergende EP "Memories In My Head" wurden in der (vermeintlich) kreativen Ruhezeit lediglich als Überbrückung genutzt, um die Fanschar bei Laune zu halten.
Riverside sind für mich inzwischen sowas wie das Ost-Pendant zu den großartigen Porcupine Tree aus dem vereinigten Königreich. Ausgefeiltes Songwriting samt Tiefgang haben sich auch unsere polnischen Schützlinge seit ihren Anfangstagen auf die Fahne geschrieben. Und von Album zu Album definiert man sich wie Steven Wilson und Co. fast wie neu. Folglich betrifft das ebenso die aktuelle Silberscheibe, deren Namensgebung plakativer nicht ausfallen hätte können. "Shrine Of New Generation Slaves" behandelt die teils prekäre Unzufriedenheit und Ausweglosigkeit der heutigen Wohlstandsgesellschaft, denen kaum jemand zu entfliehen imstande ist. Auf gewohnt hohem Niveau haben Sänger Mariusz Duda und seine Treuschaft das sensible Grundthema in die acht Songs einfließen lassen, nur mit dem Unterschied, dass sich dieses Mal die bedächtig-ruhigen Töne leicht in der Überzahl befinden. Heißt? Auch innerhalb jenes neu geschliffenen Klanguniversums spielen die außergewöhnlichen Gentlemen ihre locker sitzenden Trümpfe galant aus und schaffen es wiederum, abgekapselt geglaubte Emotionen aus den winzigsten Poren heraus zu kitzeln. Epische anmutende Soundbrocken und rockige Vibes befinden sich auf selbiger Augenhöhe gleich mal beim atypisch straff strukturierten Titeltrack zu Beginn, folkloristisch und balladesk oszilliert hingegen das folgende "The Depth Of Self-Illusion", in dessen Schluss-Etappe die schon erwähnten Porcupine Tree warm und klar ans Tageslicht treten. Die Phase von "Anno Domini High Definition" wird via "Celebrity Touch" – sozusagen der bombastische Hit-Beitrag auf "S.O.N.G.S." – ordentlich gestreift, "We Got To Used Us" zeigt dann abermals diese Trostlosigkeit einer vollkommen isolierten Moll-Landschaft auf. Mit anderen Worten: akuter Tränendrüsenentschlackungsalarm! Aber kein Grund zur Sorge. Im Weiteren entpuppt sich das formadibel-swingende "Feel Like Falling" zumindest als dezenter Sonnenschein zwischen all den vorherrschenden Grautönen und weiß dank graziler Marillion Farbtupfer sogar richtiggehend aufzublühen. Und selbst vor dem Einsatz von Bläsern wurde nicht zurück geschreckt. Im gut achtminütigen, schwermütig startenden "Deprived (Irretrievably Lost Imagine)" begegnet man im Finale einigen schneidigen Saxophon Einlagen. Doch wir sind noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt. Die emotionale Achterbahnfahrt, die auf dem 2009er Werk "A.D.H.D." noch "Egoist/Hedonist" hieß, hört im Jahre 2013 auf den prickelnden Namen "Escalator Shrine". Grob umschrieben handelt es sich um eine äußerst spannungsgeladene Reise durch gut drei Jahrzehnte der (anspruchsvollen) Rockmusik, die Daumen mal Pi von Deep Purple über Pink Floyd bis Ayreon reicht: donnernde Hammondorgelsounds, psychedelische Abfahrten, Jazz Rhythmen sowie orchestrale Schattierungen reichen sich nahtlos die Klinke, während Mariusz sich in totaler Ekstase zu verlieren droht ... tja, verehrte Mitbewerberschaft, exakt so tät's funktionieren. Resümee: Auch auf dem fünften Longplayer überzeugen die vier Polen im Großformat. Mag sein, dass mehr Anläufe aufgrund der zurück geschraubten Härte von Nöten sind als in der bereits von Glanz geprägten Vergangenheit, in Summe jedoch ist es ein wahrhaftes Phonschmankerl, welches weniger durch herbe Malträtierung der Instrumente imponiert, als durch Charme, Feeling und Leidenschaft. Wird also für meine Wenigkeit allerhöchste Zeit, einem Konzert der Herren Duda, Grudzinski, Kozieradzji und Lapaj beizuwohnen. Und ja ... die Vergleiche zu Opeth hinken inzwischen gewaltig! Trackliste
Mehr von Riverside
Reviews
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