Anmeldung
Suche
SiteNews
Statistics
6688 Reviews
458 Classic Reviews 284 Unsigned Reviews |
8.5
Es ist immer wieder spannend, wohin die kreativen Hormone Ausnahmemusiker und Multitalent Arjen Lucassen so treiben. Dieser Mann ist für alles gut und egal was er anpackt, er kann es. Egal ob knackigen Power Metal, sphärischen Rock, progressive Retroklänge oder eine knallbunte Mischung von allem, das sich Gitarrenmusik schimpft. Arjen trifft fast immer ins Schwarze, wartet mit einer astreinen Discographie auf und schafft es dennoch, dass jeder seiner Akte unverkennbar seine Handschrift trägt, die ihn so unvergleichlich macht. Nun wankt er also "solo" in seine neueste Veröffentlichung, die mir mal gleich mit einem flashigen "Back To The Future" Artwork kultig ins 80er Jahre Kinderauge sticht.
Arjen Anthony Lucassen solo bedeutet, dass keine Heerscharen von Gastmusikern das Booklet pflastern. Der gute Arjen schnappt sich auf "Lost In The New Real" den Mikroposten komplett alleine, was den Konzeptdoppeldecker anfangs zwar gewöhnungsbedürftig, jedoch keineswegs schlechter macht. Problematischer mag da schon diese geballte musikalische Ladung von non-metal tauglichem Material sein. Das mag nicht jedermann befriedigen, ändert aber auch nix an der Klasse des Mastermind und dessen neuester Kreation. "Lost In The New World" ist ungewöhnlich, gewöhnungsbedürftig und mutig, jedoch ohne Wenn und Aber nicht zuletzt deshalb spannend. Ich bin ehrlich: Verstörend, lethargisch, ja richtiggehend nervtötend fad klingt der erste Eindruck einer Platte, die trotz ihrer grundlegend schlichten Struktur viele Details in sich birgt, die dem Hörer Zeit abverlangen. Es bedarf dann ohne Frage einige Durchläufe, um das behutsame tönende Mammutwerk zu durchschauen, die Handschrift des Meisters offensichtlich zu entdecken und einmal mehr lieben zu lernen. Der Sound, den Lucassen kreiert funktioniert auch ohne textliches Querdenken. Das Konzept um Irritation eines in der Zukunft wiederbelebten Mannes, der im 21. Jahrhundert kurz vor seinem Tod konserviert wurde, und der sich von einer modernen High-End Gesellschaft und deren, von der Seuche der Technik dominierten Struktur überfallen sieht, ist absolut gelungen, für den musikalischen Inhalt aber nicht zwingend relevant. Die Klänge von "Lost In The New Real" zeigen sich grenzenlos, locker und unbeschwert. Die Stimme des Meisters überzeugt in all ihren variablen Emotionslagen und die gelungenen Sprechparts von Hollywood Ikone Rutger Hauer tragen das ihre dazu bei, die Dichte des Albums zu erhöhen. Chillige Momente knallen auf 60er Jahre Rock. Progressiver Metal tänzelt mit Pop, Folk und Elektronik um ein Fundament, das zumeist auch in spartanischer Instrumentalisierung funktionieren würde. Genau das ist die Kunst des Lucassen. Ein guter Song funktioniert immer, mag zwar mit viel Schnickschnack und Technik noch imposanter werden, scheitert aber keineswegs daran, wenn man sich allerlei Effekte wegdenkt. Arjen Lucassen wandelt auf "Lost In The Real Word" schamlos durch die Geschichte der Gitarrenmusik. Die Beatles finden ebenso Raum, wie Led Zeppelin (nona, dass man das erwähnt, schickt uns Arjen mit "Pink Beatles In A Purple Zeppelin" doch den perfekten Pass in die Gasse), frühe Queen, akustische Pink Floyd oder ein junger David Bowie. Das Prunkstück des Albums, der kreative Husarenritt ist natürlich die erste Scheibe des Doppeldeckers. Hier erzählt Arjen seine Geschichte. Hier steht der Hauptteil der eigentlichen Kompositionen, die zwar auf CD 2 weitergeführt, jedoch von konsequent zur Thematik der Story und der Basis der Kunst passenden Coverversionen (von Alan Parsons Project, Pink Floyd, Blue Öyster Cult und Led Zeppelin bis hin zu Frank Zappa) durchzogen und zum Finale geleitet werden. Langer Rede, kurzer Sinn: Der aufgeschlossene Ayreon Fan wird "Lost In The Real World" ob seiner Vielfalt, Komplexität und musikalischer Grenzenlosigkeit lieben. Der knallharte Metalhead muss diesmal einfach wieder weghören. Wer objektiv bleibt muss das Schaffen des Arjen Lucassen aber in jedem Fall aufs Neue ehren, denn symphonische Elemente und spartanische Klänge nebeneinander so geschmeidig unter einen Hut zu bringen, dass man sich nicht vor den Kopf gestoßen fühlt, kann man wirklich große Kunst nennen. Hier kommen geradlinige Momente ebenso flockig ums Eck, wie spacige Prog Rock Elemente, sphärischer Pop, Bombastabfahrten, chillige Trancesounds und hypnotische Ruhepole. So was ist bei Gott nicht alltäglich und auch wenn ich jedem einzelnen raten muss, sich das locker spielfreudige Album (mehrmals) anzuhören bevor er urteilt, und auch wenn ich sicher nicht behaupte, dass "Lost In The Real World" ein makelloses Meisterwerk ist, kann, muss und will ich ihm ganz große Klasse zugestehen. Was ihr nun aus diesem Gang-bang musikalischer Prog Rock Vielfalt mit fetter Space-Pop Seite macht, sei euch selber überlassen. Reinhören lohnt aber in jedem Fall, denn die Songs sind mitunter absolute Dauerbrenner! Anspieltipps: Das fabelhafte "Pink Beatles In A Purple Zeppelin", der monumentale Titelsong, das spacig und düster poppige "Yellowstone Memorial Day", das Singer/Songrwirter-taugliche "When I'm Hundret Sixty Four", ein opulent poppiges "Dr. Slumber’s Eternity Home" mit seinen Pilzkopfzitaten und das griffige "E-Police". Mit der Zeit aber eigentlich alle... Trackliste
Mehr von Arjen Lucassen
News
21.06.2012: Spaciger Clip zu "Pink Beatles In A Purple Zeppelin".26.04.2012: Stellt den "E-Police" Clip online. 23.02.2012: Videobotschaft und Albumartwork. |
||||||||
© DarkScene Metal Magazin |