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Mit diesem Schlüsselalbum des Black Metal und aufgrund seines stil- und genreprägenden Charakters auch für die Musikgeschichte relevanten Bezugs findet die erste Welle der Aufarbeitung des auf Darkscene bislang sträflich vernachlässigten Genres „Black Metal“ vorerst ihr Ende. Nach Mayhem "De Mysteriis Dom Sathanas" (zum Review), Immortal "Battles In The North" (zum Review), Satyricon "Nemesis Divina" (zum Review), Marduk "Panzer Division Marduk" (zum Review) und Darkthrone "A Blaze in the Northern Sky" (zum Review) gehen nun endlich auch die genialen Emperor mit ihrem 1994er Debütalbum "In The Nighside Eclipse" in die Classics-Annalen von Darkscene ein. Ein – musikalisch zweifellos fehlender Burzum – Classic fällt leider der hausinternen Zensur zum Opfer.
In der skandinavischen Black Metal-Szene Anfang der 90er des vorigen Jahrhunderts waren nicht nur schwarze Unschuldslämmer unterwegs. Die norwegischen BM-Jugendlichen lebten ihre verdrehte Fantasiewelt aus Allmachtsgefühlen, falschem Nationalstolz, übertriebener Heimatliebe, brachial-unfundierter Klerusfeindlichkeit und infantil-aggressiver Agitation in Kombination mit rigider Negation und archaischem Gedankengut teils äußerst intensiv aus. Dass dieses Treiben in einem der wohlhabendsten und sichersten Länder Europas und der Welt, eingebettet in ein wirtschaftlich stabiles Umfeld mit funktionierendem Sozialsystem, großen Erdölreserven und überwältigender Naturschönheit stattfand, erscheint dabei nur paradox. Die verurteilenswerten Folgen dieser verwirrten Ideologien sind bekannt. Auch Emperor waren mittendrin statt nur dabei, die bösen Dämonen hatten auch die fast noch jugendlichen Kreativ- und Querköpfe fest mit ihren Krallen umschlungen. Die Bandmitglieder waren keine Chorknaben - nein, im Gegenteil, rund um die Veröffentlichung von "In The Nighside Eclipse" war Mainman Vegard „Ihsahn“ Tveitan das einzige Bandmitglied auf freiem Fuß, Drummer Bård „Faust“ Eithun sowie Gitarrist & Ihsahn´s co-Songwriter Tomas „Samoth“ Haugen saßen ihre Haftstrafen wegen Mordes u./o. Brandstiftung ab, Basser Terje „Tchort“ Vik Schei musste sich wegen Delikten gegen Leib und Leben vor dem Kadi verantworten. So und nicht anders sah die Realität rund um die aufgrund der Vorkommnisse arg verzögerte Veröffentlichung dieses Classics im gebeutelten Norwegen jener Tage aus. Basser Mortiis (von dem auf dem Album noch 2 Texte verwendet wurden) hatte ja schon zuvor die Band verlassen, um sein eigenes, selbstbetiteltes musikalisches Projekt durchzuziehen. Eingeläutet von einem diabolischen Purgatoriums-Intro kehren auf den folgenden knapp 48 Minuten die Dämonen unter lautem Getöse auf die Erde zurück. Mit "Into The Infinity Of Thoughts" explodiert "In The Nightside Eclipse" förmlich mit einem eruptiven Ausbruch des Tiefschwarzen. Völlig neu für den Black Metal jener Tage war die wie selbstverständlich erscheinende Integration von Synthesizern und Keyboards in das schwarze Getrümmer. Emperor führten ausladend-flächige Keyboards und epische Elemente in den ansonsten noch recht räudig und undergroundig fabrizierten Black Metal jener Tage ein. Die Norweger waren diesbezüglich Pioniere und lieferten mit ihrem Debütalbum gleichsam die Blaupause für den zukünftig „Symphonic Black“ genannten Musikstil ab. Das herausrragende, abwechslungsreiche und dennoch stringente "Cosmic Keys To My Creations And Times" und das epische "Beyond The Great Vast Forest" mit seinen einprägsamen Blastteilen veredeln dieses Meisterwerk des frühen Black Metals der zweiten Welle. Mit mächtigem Hall – vor allem auf dem Gesang – klingen die heiseren & kreischigen Extrem-Vocals inmitten hemmungslos entfesselter Schwarzheim-Attacken wie "The Burning Shadows Of Silence" wie aus einem dunklen, mysteriösen Paralleluniversum in die BM-„Realität“ herein. Das schwarze Quartett versteht sich auf die Kunst, komplexe Strukturen und Rhythmen, längere, anspruchsvolle Kompositionen, vielschichtige Arrangements und Songtitel in die fiese, kompromisslose Schwarzwurzelei (mit rasenden Gitarren, polternden Drums und Kreischgesang) einzubringen, ohne dabei jedoch die nötige Stringenz vermissen zu lassen. Emperor führten das seinerzeit gleichsam visionäre, melancholisch-morbide Element der Keyboardmelodien als integrierenden Bestandteil des tiefschwarzen Gebräus, das da von Norden hereindräute, ein. Die Jungspunde absorbierten das seinerzeit praktizierte BM-Handwerk und drückten ihm gleichzeitig ihren einprägsamen Stempel auf, mischten die Karten und schrieben das schwarze Regelbuch des Metal neu. Hervorstechend und einprägsam auch "I Am The Black Wizards", das ein unbestrittener Bandklassiker ist oder auch "Inno A Satana", das wiederum schwere Bathory – Referenzen aufweist. Im Gewande der seinerzeit genreüblichen Lo-Fi-Produktion (von Burzum – Stammproducer „Pytten“ & Emperor, aufgenommen in den Grieghallen Studios), somit recht minimalistisch und spartanisch produziert, versprüht "In The Nightside Eclipse" seinen wegweisenden Charme und atmet durch jede Pore das damalige Lebensgefühl in Kombination mit dem Anspruch, einen Schritt weiterzugehen, das Genre mit Epik und Komplexität zu kultivieren, es aber auch nach vorne zu treiben. Emperor stehen seit jeher für die intellektuell – hässliche, avantgardistische Fratze des Black Metal, welchen Einfluß dieses Album haben sollte, war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch schwer abschätzbar, das Bewusstsein, dass hier etwas Besonderes erschaffen wurde, war hingegen schon seinerzeit präsent. Das in ansprechender Farbkombination gehaltene Albumcover ist eine krude und dennoch stimmungsvolle Collage mit „Herr der Ringe“-Anleihen. Gefertigt wurde das Cover von Kristian „Necrolord“ Wåhlin (Ensiferum, Dissection etc.), der es ja generell mit der Perspektive nicht so ganz genau nimmt und so seinen einzigartigen, infantilen Charme versprüht. Die gesamte Symphonic-Black Schiene (Dimmu Borgir, Cradle Of Filth etc.) findet ihren Ursprung in den schwarzen Klängen der Imperatoren Ihsahn und Samoth. Wo beispielweise "De Mysteriis Dom Sathanas" im wahrsten Sinne des Wortes ausgekotzt wird, sind hier trotz der schwarzen Raserei musikalische Genies mit sensibler und filigraner Herangehensweise und viel Gespür für Atmosphäre und Raumdehnung am Werk. Emperor waren Zeit ihres Bestehens (Auflösung 2001, Live-Reunion 2006) stilprägend, besonders dieses Album ist ein wahrer Meilenstein, ein noch weitgehend roher, ungeschliffener, tiefschwarzer Diamant, vor allem wenn man bedenkt, dass das Album bereits im Sommer 1993 aufgenommen wurde, aber erst ein Jahr später veröffentlicht wurde. Die Norweger begeisterten nicht nur das gierig lechzende BM-Jungvolk, sondern ließen auch interessierte und offene Musikfans und -studenten in die satanischen Schlünde des Bösen blicken, ehrfurchtsvoll das komplexe Songwriting und die erstklassige Instrumentenbedienung bewundern und somit auch ein wenig mit dem reaktivierten und mächtig "am Nordhimmel lodernden" Genre „Black Metal“ liebäugeln. Demzufolge geht prinzipiell jedes Album des Emperor – Backkatalog ("Anthems To The Welkin At Dusk", "IX Equilibrium" und "Prometheus: The Discipline Of Fire And Demise") als wichtige BM-Errungenschaft durch. Allen, die das Album noch nicht in ihr CD-Regal eingemeindet haben sei abschließend noch auf den „Left Hand Path“ mitgegeben, dass die Wiederveröffentlichung mit Bathory´s "A Fine Day to Die" sowie "Gypsy" von Mercyful Fate zwei gelungene Bonustracks enthält. Trackliste
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