Es begab sich im Jahre 1991, dass ich die
Black Crowes in München als Eröffnungsband des Open Airs mit
Queensryche,
Mötley Crüe,
Metallica und
AC/DC live genießen durfte. Naturgemäß wurden die Krähen von der mächtigen Wucht der nachfolgenden Bands schlichtweg erdrückt und waren seinerzeit eher als Randnotiz zu sehen, vermochten an jenem wunderschönen Augusttag allerdings nicht wenige der anwesenden, gutgelaunten Musikfans zu begeistern und in ihren Bann zu ziehen. Dabei handelt(e) es sich bei den
Black Crowes um echte
Platinseller, deren hier vorgestelltes Album
"The Southern Harmony and Musical Companion" sogar
Platz 1 der Billboard Charts erklimmen konnte.
Was machte das Phänomen
The Black Crowes aus? Die Band um die Robinson – Brüder Chris (v.) und Rich (g.) (welche auch alle Songs komponierten) mochte optisch und musikalisch irgendwie so gar nicht in die Musikszene der damaligen Zeit passen, lediglich leichte Parallelen zur aufkeimenden Grungewelle bzw. Überreste aus der abebbenden Glamwelle waren aufgrund des Stylings der Band auszumachen. Mit
ungewaschenem, fettigem Haar, Schlaghosen, Lederwestchen, weiten Hemden und Amuletten, Kettchen etc. und oldschooligen Musikinstrumenten wirkte das Sextett irgenwie
alternativ, verstrahlt, wenig glamourös, hippiesk und vor allem voll retro.
Musikalisch stand die Band aus Atlanta, Georgia, welche das renommierte Def American Label unter Vertrag nahm, diesem Image und Style keineswegs nach. Die Krähen waren weder Glam, noch Grunge, auch
nicht wirklich Hardrock, buddelten allerdings mit beiden Händen tief in der Musikhistorie. Dabei bediente man sich vor allem bei
klassischen Rockbands wie den Rolling Stones und Southern Rock Legenden wie Lynyrd Skynyrd. Folgerichtig waren die Krähen §echte Rocker n´ Roller, die eine Ehe mit dem Rhythm n´ Blues eingingen
.
Der perfekte Albumeinstieg in „TSH&MC“ gelingt mit dem fetzig-beschwingten "Sting Me" sowie dem ebenfalls von den Sängerinnen Barbara & Joy aufgepeppten "Remedy". Der Einfluß dieses schwarzen, souligen Aspekts passt perfekt zu dem gewissen Südstaatenflair
, das von den schwarzen Seelen (im musikalischen Südstaaten-Sinne!) der beteiligten Musiker geschaffen wird. Diese Tracks zeigen wie auch das flotte "Hotel Illness" (Mundharmonika!) wie viel (Southern)Rock n´ Roll
die Truppe aus den Röhrenamps jagte und dabei ein sleaziges, „Easy Goin´“ – Feeling
versprühten.
Neben den grandiosen Southern Rhythm n´ Blues Rocknummern
macht vor allem der hemmungslose Einsatz von Hammondorgel, Percussion, Bläsern, Piano, Bottlenecks, Mundharmonikas
etc. den besonderen Reiz des Albums aus. Diese Zuckerl werden jedoch nicht inflationär missbraucht, sondern perfekt in den organischen Rocksound integriert
. Wichtiges Element im Sound der Krähen ist auch die geile, leicht quäkende Rockröhre
von Sänger Chris Robinson, die ein wesentlicher Aspekt bei den ruhigeren, positiv wirkenden "Thorn In My Pride" und "Sometimes Salvation" ist, aber auch das schwermütigere, bluesig-rauchige "Bad Luck Blue Eyes Goodbye" veredelt.
"Black Moon Creeping" und "No Speak No Slave" lassen ein wenig an Led Zeppelin denken, wogegen "My Morning Song" wieder direkt aus einer sumpfigen Südstaatenspelunke ausgespuckt wurde. Warum man sich einen Song von Bob Marley krallte ("Time Will Tell") um ihn neu zu vertonen, bleibt am Ende des Albums allerdings offen.
Die Black Crowes waren auch der Schlag Musiker, die die kosmische Energie der Musik frei fließen ließen, die Erdverbundenheit am Besten ohne Fußbekleidung spürten und die Vereinigung von Erde und dem Universum nicht durch ordinäre Gummisohlen unterbrechen wollten. Legendär auch die grobmotorischen Joe Cocker-Gedächtnismoves
von Fronter Chris Robinson, der sich wohl nicht für den ersten Platz beim stylischen Mick Jagger Shake&Move – Contest qualifiziert hätte. Die Black Crowes waren keine Ultrarotzröhren, erzeugten aber eine feine und angenehme Soundmischung. Musik aus dem Bauch heraus … urwüchsig - für Herz und Emotion
, keine vertrackte Kopfmusik für proggige Frickelfreaks. Die organische Produktion und vor allem der Gitarrensound verbreiten ein ehrliches, erdiges Feeling - echte musikalische Handarbeit eben
.
"The Southern Harmony and Musical Companion" ist eine Glanzstunde der ehrlichen, erdverbundenen (Hard-)Rockmusik mit schwerer Southernrock-Schlagseite, rauchigem Rhythm n´ Blues Touch und warm-souligem Feeling§ und hat nicht nur aufgrund der Chartnotierungen ihren Weg in die ewigen Annalen des Rockbusiness gefunden. Wer die letzten Alben eines gewissen
Kid Rock kennt, dem wird ebenfalls sofort klar, dass der kleine Kid auch die
Black Crowes zu seinen ganz großen Helden zählt.
Wer diesem Album etwas abgewinnen kann, sollte unbedingt das ebenfalls millionenfach verkaufte Debutalbum
"Shake Your Money Maker" von 1990 mit ins Programm aufnehmen, da dieses Album mit Hits wie
"She Talks to Angels",
"Jealous Again",
"Seeing Things",
"Twice As Hard" und vor allem dem Otis Redding Cover
"Hard To Handle" aufwartete und den Weg für den hier präsentierten Klassiker ebnete. Das Nachfolgealbum
"Amorica" wusste die Aufmerksamkeit der Amerikaner eher aufgrund des Albumcovers (das auf dem Albumcover ürsprünglich neben dem US-Flaggenslip heraussprießende Schamhaar erregte den Unmut konservativer Kreise und musste auf späteren Versionen wegretuschiert werden), denn des musikalischen Inhalts wegen auf sich zu ziehen.