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9.0
Eine neue Deftones-Scheibe ist jedesmal wieder ein Grund zum Jubeln, zählt die Band um Sänger/Giutarrist Chino Moreno doch zu den originellsten Vertretern des Post-/Nu-/Alternative-/Sonstwas Metal, eben eine dieser von konventionellen Metal-Stereotypen losgelösten Bands, die rund um die Jahrtausendwende auf der Bildfläche erschienen und so manchem traditionsbewussten Metallfreund ob der Dreistigkeit der dargebotenen Stilvielfalt seine Kreator-Aufnäher-bestückte Kutte total angepisst vollpissen ließen .
Eine Schubladisierung fällt bei den Deftones in der Tat schwer, zu vielfältig sind die Einflüsse, die Chino Moreno und seine Gefolgschaft verbraten. Was definitiv fest steht und Fakt ist: Die Deftones sind eine Metal-Band, eine Metal-Band jedoch, deren Einflüsse von Hardcore, Punk, 70er-Rock, HipHop über Wave bis zu reinrassigem Pop reichen. Trotzdem braten in beinahe allen Songs fette Gitarren, die jedoch immer wieder mal ein bisschen zurückgeschraubt werden, nur um im nächsten Moment dann umso heftiger zu explodieren, während im Hintergrund allerhand elektronische Effekte ihre Arbeit tun. Was den Sound der Deftones jedoch so einzigartig macht, sind Morenos Vocals, die von fiesem Aggro-Gebrülle bis hin zu gefühlvollem Gesang das gesamte Spektrum abdecken und dabei immer eine gewisse Art Melancholie und Weltschmerz ausdrücken. So originell und einzigartig der Sound der Deftones auf weiter Flur auch dastehen mag, musste man trotzdem auf den letzten Alben, dem selbstebtitelten "Deftones" (2003) und auf "Saturday Night Wrist" (2006) gewisse Ermüdungserscheinungen feststellen, was jedoch nach dem Über-Werk "White Pony" aus dem Jahr der Milleniumswende nicht weiter verwunderte. In der Zwischenzeit wurden die Deftones von einem Schicksalsschlag gebeutelt, als der jahrelange Bassist Chi Cheng 2008 nach einem Autounfall in ein Koma verfiel. Das schon beinahe fertig gestellte Album Eros wurde auf Eis gelegt, da es laut Moreno "die Band nicht mehr repräsentierte, weder menschlich noch als Musiker." Und so liegt es nun vor uns: "Diamond Eyes", der Ersatz für Eros, innerhalb kürzester Zeit rausgehauen, das sicher gelungenste Werk der Deftones seit "White Pony", das alle Trademarks der Band in sich vereint, einmal brutal-brachial Gitarrenwände auftürmt, dann wieder Ruhe und Melancholie verbreitet, eben die Schnittmenge, die entsteht, wenn die Aggression und Wut des Hardcore auf träumerisch-sanften Pop trifft. Der Hörer taucht hier in ein Wechselbad großer Gefühle, das sich glücklicherweise nicht wie bei anderen Extrembands auf die ewig gleiche pubertäre und stumpfe Zerstörung und Freisetzung negativer Energie beschränkt, sondern inmitten dieser Wut und Verzweiflung auch kleine Hoffnungsschimmer und ruhige Momente aufkeimen lässt – eben wahre Vielfalt der Gefühle, die es im Heavy Metal leider nur allzu selten gibt. Weniger sperrig als das teilweise doch recht verquere "Saturday Night Wrist" kommen die Deftones anno 2010 daher und beinahe jeder Song hat diesmal das Potential zum Hit, weshalb es beinahe unmöglich ist, irgend einen Song herauszuheben. Bei aller Härte sind es jedoch die großen, mächtigen Melodien, wegen derer man sich an die Deftones erinnert, und die gibt es diesmal zur Genüge: etwa im Opener und Titeltrack, der alle Deftones-Elemente gekonnt in sich vereint und den Sound der Band somit auf den Punkt bringt, im wunderschönen "Beatuy School" oder dem folgenden "Prince". Das geradlinige "CMND/CTRL" brät dann eher brachial-brutal, während man in "You've Seen The Butcher" gar an die Kollegen von Tool erinnert wird und "Sextape" im Deftones-Kontext beinahe balladesk anmutet. Dass es die Deftones auch auf ihrem sechsten Album immer noch nicht geschafft haben, einen Stinker zu produzieren, sondern ganz im Gegenteil ihr wohl bestes Album seit 10 Jahren erschaffen haben, spricht wohl eindeutig für die Größe der Kalifornier. Wer dermaßen gekonnt Pop und Metal verbindet, ohne dabei Klischees zu bedienen, sowohl was Lyrics als auch Sound anbelangt, darf sich getrost den schwermetallenen Verdienstorden um die Rettung des harten Rock an die Brust heften. Vom Professor gibt’s dazu dann noch 9 von 10 verfügbaren Eulen, die er diesmal nicht nach Athen, sondern nach Sacramento trägt. Ob sie dort jemand braucht, soll hier nicht zur Diskussion stehen. Trackliste
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