Dass sich
King Diamond mittlerweile selten bis gar nicht mehr auf dem alten Kontinent blicken lässt, wissen Fans hierzulande zu genau, womit all jenen klar war und ist – die Chance sollte MAN JETZT beim Schopf packen. Warum denn wohl, liegt auf der Hand. Der auf den bürgerlichen Namen hörende Kim Bendix Peterson geht auf die 70 zu. Und auch, dass sich die international besetzte Band schon seit Jahrzehnten einen exzellenten Ruf (dank der Langzeitwirkung der ersten fünf Werke ziemlich selbsterklärend) erspielt hat und einen gewissen Wohlstand genießt, wären weitere zu nennende Faktoren für die rare Präsenz in unseren Breiten. Mein ursprünglicher Plan, einer Einladung eines guten Freundes nach Berlin (Gig & Touristen-Trip) zu folgen, musste aus wichtigen privaten Gründen kurzerhand gecancelt werden, womit noch Option A (Zürich, leider unter der Woche) oder die günstigere Option B (Ludwigsburg am Samstag) im Raum standen. Bei wahrhaftem Kaiserwetter und satt sommerlichen Temperaturen lag es auf der Hand, sich nicht bloß das internationale Metal-Triple-Paket in der HPM Halle (Fassungsvermögen bis 6000 Besucher) anzusehen bzw. anzuhören, auch ein kurzer Streifzug am frühen Nachmittag durch die Fußgängerzone von Ludwigsburg ließ der zeitliche Rahmen zu, ehe uns nach ein paar Gerstensaft-Injektionen Einlass in die angenehm kühle Mehrzweck-Halle gewährt wurde.
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Angel Witch
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Pünktlich um 19:30 startete die altbritische Legende
Angel Witch (Gründung 1979) ihren dreißigminütigen Auftritt. Die Halle war ansehnlich gefüllt, ehe die Mannen um Bandboss Kevin Heybourne ihre Qualitäten zeigen konnten. Auffällig von Beginn weg war der druckvolle und – keineswegs leise – Sound des Quartetts, der für Supportact-Verhältnisse die oft indirekten Machtverhältnisse zwischen erster und zuletzt auftretender Band – also Sound/Lichtshow betreffend – nicht so eklatant erkennen ließ wie sonst üblich. Obschon gefühlt 80% des anwesenden Publikums zur Ü-50 Fraktion zuordenbar, waren die Reaktionen während des kurzen Sets weitgehend verhalten. Wohl aber wurde es lauter und euphorischer in der Crowd, sobald
Angel Witch ihre Bandhymne vom 1980er Debütklassiker aus ihren Instrumenten entlockten: nun ja, diesen Refrain sollte wohl jeder kennen, der sich Oldschool Metaller oder so ähnlich schimpft. Fazit: ordentliche Performance der NWoBHM Legende, die ihre Instrumente nicht nur beherrscht, sondern auch durch spielerische Präzision angenehm auffällt. Lediglich der Gesang von Heybourne war und ist limitiert, allerdings war dieser Schönheitsfehler wenig überraschend.
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Tracklist:
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Atlantis
White Witch
Sorceress
Angel Of Death
Angel Witch
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Paradise Lost
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Als ernstzunehmenden Kenner oder gar Liebhaber von
Paradise Lost würde sich der Schreiber dieser Zeilen keineswegs rühmen. Den einzigen und vorzeitig letzten Gig erlebte selbiger im Herbst 1993, als die Briten als Vorband von
Sepultura ihren internationalen Durchbruch feierten. Im Vergleich zu
Angel Witch verdichtete sich die Menge speziell im Frontstage-Bereich, wenngleich Träger von
Paradise Lost Shirts kaum anzutreffen waren. Rein subjektiv empfunden lieferten die exakt um 20:15 startenden Gothic Metal Veteranen keine schlechte Performance, aber Überzeugung und Feuer sehen definitiv anders aus. Shouter Nick Holmes war und ist kein geborener Entertainer-Typ, selbstverständlich nicht, trotzdem insgesamt sah und hörte sich das gebotene mehr nach Dienst nach Vorschrift an.
Aufgrund der begrenzten Spielzeit mussten einige Evergreens wie
"True Belief" oder
"As I Die" gestrichen werden, aber zumindest gab das Britische Quintett via
"One Solemn" (von
"Draconian Times") und
"The Last Time" (von
"One Second") zwei meiner Favoriten zum Besten. Des Weiteren ließen
Paradise Lost so unterschiedliche und dennoch im Kontext harmonisch wirkende Tracks wie
"Embers Fire" oder
"No Hope In Sight" (vom Spätwerk
"The Plague Within") vom Stapel, die musikalisch den Spirit der nicht tot zu kriegenden Schwermetaller perfekt widerspiegeln! Das finale
"Say Just Words" wurde zu guter Letzt frenetisch bejubelt von einem Publikum, das ja eigentlich wegen dem König und dessen Horrorgeschichten kam. Ein kompaktes Gesamtpaket ohne nennenswerte Ausreißer, welches man bei solcher Gelegenheit gerne mitnimmt, viel mehr aber auch nicht.
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Tracklist:
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Enchantment
The Enemy
No Hope In Sight
Pity the Sadness
Faith Divides Us - Death Unites Us
The Last Time
Ghosts
Embers fire
Say Just Words
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King Diamond
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Die Spannung und das Knistern gipfelte in der halbstündigen Umbauzeit im Publikum merklich: während die Montage des Backdrop schnell von statten ging, liefen Evergreens des frühen 70er Hardrock, die der Diamantenkönig bis heute als große Inspiratoren bezeichnet. Und dann, als die vertraut-opulente Bühnendekoration und der synchrone Treppenüberbau in bedrohlichen Licht erschienen und das Intro
"Funeral" erklang, war man Sklave der eigenen Gänsehautschübe … obligatorisch folgte via
"Arrival" der Begrüßungsakt, den das fünfköpfige Stamm-Ensemble euphorisch zündete. Vom ersten stimmlichen Einsatz war klar, der King kann es immer noch, und das nicht von schlechten Eltern. Das weitreichende gesangliche Spektrum zum einen, die theatralische Performance zum anderen: alle Ingredienzien auf Vollbedienung und punktgenau abgestimmt.
Der Streifzug der Tracklist hat sich über die lange Karriere kaum verändert. Die Klassiker von
"Fatal Portrait" (
"Halloween",
"The Candle"),
"Them" (
"Welcome Home",
"The Invisible Guests"),
"Conspiracy" (
"Sleepless Nights"),
"The Eye" (
"Eye Of The Witch",
"Burn") bis zum Referenzalbum
"Abigail" (besagtes
"Arrival",
"A Mansion In Darkness",
"Abigail") sind das übliche Pflichtprogramm. Hinzu kamen der Titletrack von
"Voodoo" sowie die neuen Kompositionen
"Spider Lilly" und
"Masquerade Of Madness". Das seit fünf Jahren angekündigte Opus
"The Institute" soll neuerdings als Trilogie veröffentlicht werden. Oder wird es am Ende gar
"Saint Lucifer’s Hospital" heißen?
Das schon lange stabile Bandgefüge, allen voran mit Andy LaRoque (g), Mike Wead (g), Matt Thompson (d) bzw. Pontus Egberg (b), strahlte die gewohnte Souveränität in Sachen Präzision und Spielfreude aus und musste sich seinerseits nicht in großartig physischer Präsenz zeigen. Dafür war das Publikum ausreichend unterhalten in Form von diversen Bühnen-Requisiten, seien es Särge, flackernde Lichter, Puppen, ein Rollstuhl, Messer, Zellentüren oder die weibliche Statistin. Faktisch alle Sinne wurden in Schockermanier bedient, zudem die Lichtshow den jeweiligen Track optisch wundervoll umrahmte. Nicht zu vergessen wäre da noch die Backgroundsängerin Hel Pyre, die hauptberufliche Bassistin von
Nervosa, die kurzfristig für Myrkur einsprang. Jenes Fräulein erledigte ihren Job mehr wie ausreichend, die meiste Aufmerksamkeit jedoch fiel natürlich dem one and only King zu, der genau am heutigen Tag seinen neunundsechzigsten Geburtstag feiern durfte. Vereinzelte Rufe kamen aus dem Publikum zu Beginn, ehe gegen Ende lautstark die Glückwünsche im lauten Kollektiv quittiert wurden. Der Mann aus Kopenhagen weiß zu gut, wie die Audienz einem aus der Hand frisst, zudem wechselte er im Kontext des neuen Songmaterials zwischenzeitlich auch sein Outfit samt Maske.
Rein gefühlt sprang der Funke im Dauerbeschuss auf die geschätzt 5000
King Diamond- Lunatics rüber, kein Wunder, hier sind nicht nur Vollprofis am Werken, ebenso die Freude und Leidenschaft der Akteure wurde maximal honoriert. Anderthalb Stunden (inklusive den thematischen Intermezzi) pures Entertainment und ein satter wie brillanter Sound, also eine Melange, bei der sogar bei mir das Headbanging-Virus reaktiviert wurde. Und das, obwohl die Musik auch in komplexere Gefilde ab und an prescht. Falls hier irgend jemand nicht von Glückshormonen vollgepumpt den Konzertsaal verließ, ist jenem gar nicht mehr zu helfen - was für eine berauschende Performance!
Tracklist:
Funeral (Intro)
Arrival
A Mansion In Darkness
Halloween
Voodoo
Them
Spider Lilly
Two Little Girls
Sleepless Nights
Out From The Asylum
Welcome Home
The Invisible Guests
The Candle
Masquerade Of Madness
Eye Of The Witch
Burn
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Abigail
Insanity (Outro)
@C