Der erste Gedanke: bitte nicht schon wieder ein Maya-Kalender – hatten wir im Jahre 2012 das Thema nicht schon hundertmal durchgekaut und endlich abgehakt? Doch der Blick hinter den Kulissen offenbart interessante Fakten:
Epitaph wurden bereits 1969 in Dortmund aus der Taufe gehoben und gelten neben
Amon Düül und
Birth Control als Mitbegründer der damaligen Krautrock Szene Deutschlands, wonach die meisten Erfolge in diesem blumigen Jahrzehnt nicht nur auf dem alten Kontinent, sondern auch in den USA (!) verbucht wurden. Die ersten drei Alben
"Epitaph",
"Stop, Look And Listen" und
"Outside Law" gelten als Klassiker. Nach obligatorischen Besatzungsrochaden, Diebstahl des gesamten Equipments und vorzeitiger Auflösung im Jahre 1983 wurde aus
Epitaph zwischenzeitlich
Kingdom (
"Lost In The City"), um sich hernach in
Domain (vier Alben von 1986 – 1992) zu taufen. Erst im Jahre 2000 wurde unter anderem Dank des
Scorpions Gitarristen und Kumpel Rudolf Schenker die Idee geboren, wieder als
Epitaph ins Rampenlicht zu treten. Das Comeback auf Konserve, passend als
"Resurrection" betitelt, folgte 2001. 2009 veröffentlichten
Epitaph das letzte reguläre Studioalbum
"Dancing With Ghosts".
Genug der Vorworte. Zwar fehlen dem Rezensenten mit Ausnahme der
Domain LP
"Before The Storm" (1989) so gut wie alle nötigen Referenzen, doch die vom englischen Sänger Cliff Jackson angeführten Altrocker wissen nach fünf Jahrzehnten Business für meine Auffassung immer noch, wie es funktioniert, stilvolle Songs ohne Ablaufdatum zu schreiben – Stichwort Zeitlosigkeit. Folglich hat
"Fire From The Soul" mit dem Krautrock der frühen Tage fast nichts mehr am Hut, dafür besitzt der Elf-Tracker ein fantastisches Flair, welches sich erdigem Rock, AOR und dezenten Folk-Elementen verschreibt. Folk deshalb, weil das Album neben den klassischen Instrumenten auch Streicher bereit hält, das aber so verdammt songdienlich, dass es fast schon unerträglich cool ist. Wann ein Merkmal damals wie heute unverkennbar bei
Epitaph ist, dann sind es die Twin-Gitarren-Harmonien, von denen bekanntlich auch
Ufo,
Thin Lizzy und die eisernen Jungfrauen profitieren. Die eigentlichen Reize liegen für mich allerdings in all den spielerischen Feinheiten und in der positiven Aura der Combo, die dem Liedgut das gewisse Etwas und mehr verleihen. Dazu kommen mehrstimmige Gesangspassagen (
"Any Day") und kleine Prog-Exkurse, die da und dort an
Deep Purple (
"The Way It Used To Be") oder
Kansas (
"No One Can Save Me") erinnern. Weitere Highlights sind das treibende
"Man Without Face", das sentimentale Titelstück, die als Bonustrack angeführte Ballade
"Love Child" sowie der Rausschmeißer
"One Of These Days".
Schwachpunkte? Fehlanzeige. Wundervolles Werk mit reichlich Seele einer mir bis dato unbekannten Truppe und der perfekte Appetizer für
Kansas, die es ja nach sechszehn Jahren Studio-Funkstille noch einmal wissen wollen. Im September soll
"The Prelude Implict" offiziell veröffentlicht werden. 2016 wird also doch noch ein gutes Jahr ...