Wem Anfang der Neunziger Jahre der Grunge nicht sonderlich behagte, das Underground-Phänomen Death Metal noch einfach zu heftig war, bzw. die traditionelle Heavy Kost allmählich zu abgedroschen klang, hatte noch immer die Option, seine Lauscher nach Houston/Texas zu richten. Die Galaktischen Kuhhirten, die aus
The Awful Truth heraus entstanden und von den ersten Tagen an eine enge Freundschaft zu den Christenrockern
Kings X pflegen werden, ließen dank ihrer quicklebendigen, schwer einzugrenzenden Mixtur aus Rock n‘ Roll, Thrash Metal und mehrstimmigen Refrains, die einige
Beatles Klassiker in Erinnerung rufen, die Scouts etlicher Majorlabels wie die hungrigen Bienen zur Blüte anfliegen. So brachte schon das selbst betitelte Debütalbum neben einen Deal bei Geffen eine ungemeine Frische in die Szenelandschaft, um nur vom zwei Jahre später erschienenen
"Space In Your Face" in Sound und Songwriting überflügelt zu werden.
Die neun top arrangierten Audioperlen, die der damalige Bandmanager Sam Taylor produziert und kein Geringerer als Soundhexer Andy Wallace (u. a.
Faith No More) abgemischt haben, sprühen vor Esprit und Raffinesse, und decken mit einer kaum zu beschreibenden Lockerheit gleich mehrere Schubladen aus drei Jahrzehnten der Rockmusik ab. Dass die angesprochenen, blumigen Chöre im Stile der fab four immer wieder mit den knackigen Speed-Attacken im Fahrwasser von
Anthrax oder
S.O.D. nicht kollidieren, sondern weit mehr in Eintracht stehen, beweisen im Speziellen solch Gassenhauer wie das geschmeidig inszenierte
"You Make Me Smile", die grandiosen Ohrwurmmonster
"I Do What I Do" und
"Circles In The Fields", sowie die relativ deftige Singleauskoppelung
"If I Were A Killer". Als Gegenpol im großen Repertoire findet man hierzu die melancholische Audiopille
"About Mrs. Leslie", deren kompositorische Klasse einfach nur entzückt. Spätestens im Finale, wo das episch-ausladende
"Where Are You Know" samt seinen verzaubernden Sitarklängen den Hörer die Sinne raubt, muss man den
Galactic Cowboys zum völlig unkonventionellen Kombinieren verschiedener Ideen gratulieren, denn ein Song sollte nicht nur ein bestimmtes Gesicht haben, sondern vor allem gut funktionieren können. Auf die Schnelle fallen mir nur
Saigon Kick ein, die nicht weniger darauf pfiffen, was man von ihnen gerade erwartete, doch dabei stets ins Schwarze trafen.
Im Fokus stand bei den Kuhburschen allerdings der Spielwitz, das Skurille, das Schräge, das Eigenbrötlerische (meinetwegen nennt es auch Crossover!), was mit Gewissheit daraus schließen lässt, dass die Herrschaften um Gründer und Bassist Monty Colvin nicht nur aus den verschiedensten Ecken der Musik stammen, sondern auch diese farbenreichen Einflüsse in einer Art auslebten, die immerwährend zu einem homogenen Ganzen gedeihen konnte. Ex-
Bluesgrass Sänger Ben Huggins verstand es zudem meisterlich, die jeweilige Stimmung entweder weich bis poppig, oder aggressiv bis bissig zu ergänzen. Diese Devise wurde bis zum letzten Studiowerk
"Let It Go" aus dem Jahre 2000 prachtvoll und frei von Limits beibehalten.