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Cover  
Andre Matos - The Turn of the Lights (CD)
Label: Edel Records
VÖ: 19.10.2012
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Art: Review
Werner
Werner
(1250 Reviews)
7.5
Ich gebe ja zu, dass auch mich der Melodic Metal Virus mitten in den Neunzigern, als der traditionelle Heavy Metal klinisch tot war, ordentlich infiziert hat. Und es war ausgerechnet eine Band aus Brasilien (viel mehr als die dazumal abräumenden Sepultura war mir aus dem Land des Zuckerhuts nicht bekannt), die ein Highlight namens "Holy Land" aus ihrem Ideenfundus schöpfte, deren Nachwirkung vor allem im fernen Osten am stärksten war und mich zu nicht enden wollenden Freudentänzen trieb. Der alte Kontinent kam also gleichfalls ins Schwärmen, zumal das 1993er Debüt "Angels Cry" die perfekte Steilvorlage gab. Speziell Helloween Fans saugten diese Band auf, wie ein ausgetrockneter Schwamm das kostbare Wasser, um dem drohenden Szene Kollaps zu entkommen, wobei der Underground mit der Vorläufertruppe Viper durchaus vertraut war.

Wir sprechen hier natürlich von Angra, der Ex- Band von Glöckchen-Stimme Andre Matos. Also von jener Truppe, die zumindest bis zum Hammerfall Debüt, welches zwar die Renaissance des klassischen Metals einläuten, den feinen Exoten Bonus von Angra mitnichten bieten konnte, einen Sonderstatus einnahm. Selbst ganze sechzehn Jahre nach dem Erscheinen der gelobten "Holy Land" CD (alle Veröffentlichungen dazwischen - also Angra, Shaman und Andre Matos Solo betreffend - sind spurlos an mir vorbei gegangen) rücke ich keinen Millimeter von dieser Meinung ab: Matos‘ Stimme kommt neben der von Edguys Tobi Sammet vom einstigen Keeper-Wunderkind Michael Kiske (heute u. a. bei Place Vendome dabei) am nächsten.

So wundert es mich keineswegs, dass der Südamerikaner wie sein deutsches Pendant die Vision verfolgt, das Notensammelsurium deutlich differenzierter und mitunter tiefgründiger in Szene zu setzen, als noch vor gut anderthalb Dekaden bei seiner alten Combo, wenngleich bestimmte Affinitäten ein ums andere mal zum Vorschein kommen. Die Marschrichtung lässt sich nicht klar definieren: einerseits schielt man zum AOR, andererseits zum speedigen Melodic Metal, die dazwischen liegenden Gefilde nicht zu vergessen. Dieser Genre übergreifender Mix besitzt zum Glück ausreichend Ecken und Kanten, um NICHT als ermattender Weichspüler durch zu gehen. Schnelle Songs im Fahrwasser der (frühen) Angra gibt es in Form von "Course Of Life" und "Oversoul" (das dann in der Mitte urplötzlich mit Queen Zitaten um sich schlägt!) und "Light-Years", doch hätte es die nicht um jeden Preis gebraucht. Gerade deshalb, weil die Truppe mit solch stattlichen Melodic Rock Nummern à la "Liberty" und "On Your Own" sämtliche Genreparameter locker erfüllt und stärker rüber kommt.

Andre Matos und seine vier versierten Musiker agieren tendendiell zeitgemäß, filigran und kompositorisch gereift. Ein Paradebeispiel hierfür ist das moderne, mit tiefer gelegten Klampfen dekorierte Titelstück, bei dem gewisse Affinitäten zu den AOR Giganten Journey hervortreten. Hochmelodische Ohrwürmer wie "Stop!" müssten im Weiteren den langsam abstumpfenden Edguy Banger das Blut auffrischen, die lockere Verspieltheit von "Unreplaceable" klingt hingegen wie eine spontane Session angesehener US Prog-Rocker und einigen Samba Musikern, "White Summit" erinnert etwas an den Opener der letzten Conception Langrille "Flow". Da darf der einundvierzige es sich sogar irgendwie leisten, schmalzige Balladen wie "Gaza" und "Sometimes" mit hinein zu schmuggeln – mein Güte, was soll‘s?

Eigentlich hatte ich überhaupt keine Erwartungen beim Einlegen dieser CD - übrigens die inzwischen dritte von Matos himself - gehegt, doch nach anfänglicher Skepsis, die zunächst gar nicht weichen wollte, wandte sich das Blatt zunehmend. Will damit sagen: Glutamin ist fast überall drin, zumindest hält sich der Süßstoff auf "The Turn Of The Lights" in Grenzen. Resümee: Durchwegs ausgewogene Kompositionen, erfrischende Arrangements, brillante Produktion, und ein Frontman, den man aufgrund der teils galanten Performance die frappante Ähnlichkeit zum norddeutschen Christenrocker Kiske einmal mehr und gerne verzeiht. Alles in Allem eine hörenswerte CD, die ein paar herausragende Momente (gerade der Titeltrack!) offenbart, obschon mir persönlich der homogene Charakter über die komplette Distanz etwas fehlt.

Trackliste
  1. Liberty
  2. Course of Life
  3. The Turn of the Lights
  4. Gaza
  5. Stop!
  6. On Your Own
  1. Unreplaceable
  2. Oversoul
  3. White Summit
  4. Light-Years
  5. Sometimes
  6. Fake Plastic Trees (Bonus Track)
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