Zum Glück gibt es von Zeit zu Zeit Zusammenkünfte, die einen mehr als nur beeindrucken können. Sozusagen Überraschungen in Form von Tonträgern gänzlich (zumindest mir bis dato) unbekannter Künstler, die dieses an für sich nette Hobby nicht nur zwischendurch attraktiver gestalten, sondern auch bisher zumeist verschlossene Türen audiophiler Herkunft öffnen. Dabei hat dieses fünfte Album der nordischen Düsterrocker einen kleinen Schönheitsfehler: es erscheint ausgerechnet dieser Tage und nicht - es müsste ja so sein - im Spätherbst. Denn hier klingt und riecht alles bis in die letzte Pore nach dichtem Nebel, abgestorbenem Laub, langsam verstummenden Vogelsängen und nach der Suche und Antwort der Sinnhaftigkeit vieler Dinge in unserem Leben, die uns seit jeher ins Grübeln und Philosophieren bringen. Aber angesichts der Tatsache, dass in Finnland die sogenannte kühle Jahreszeit ohnehin anderes als bei uns zu dimensionieren ist, wird auch das möglicherweise seinen tieferen Grund haben.
Der Rezensent kennt bzw. kannte also den Backkatalog von
Throes Of Dawn in keinster Weise und startet damit nicht besonders „Vorurteilsbehaftet“ seine Reise zu
"The Great Fleet Of Echoes". Und das Staunen nimmt sogleich seinen Anfang: Der grußreiche Reigen
"Entropy" spiegelt den Geist
Pink Floyd‘s wieder und schwebt mit derartiger Leichtigkeit durch die vermeintlich schweigende Kulisse, dass man sich wünscht, diese süße Verführung möge nicht so schnell enden. Dabei treffen sich Melancholie und Ästhetik auf gleicher Augenhöhe, in Puncto Vocals sind – alle Achtung – sogar
Anathema Referenzen erkennbar. Einen Tick bombastischer aber nicht weniger atmosphärisch und mit schier edlem Chorus versehen, folgt ein ebenso wundervoll interpretiertes
"Ignition Of The Great Sky". Beeindruckend jedefalls dieses kühle und zugleich stilvolle Ambiente, dem man sich nur schwer entziehen kann.
Via
"Velvet Chokehold" wird die Stimmung dann schon deutlich aggressiver und rauer, vor allem den Singsang betreffend; ein von Doublebassdrums untersetzter Track ist es, der partiell in Richtung
Scar Symmetry lugt. Als Gegenpol hierzu gibt’s dann Entspannung in Form von
"Soft Whispers Of The Chemical Sun", und ja, was soll man hier noch großartig schreiben? … das tönt schon nach den
Tiamat der Endneunziger, was auch mit "Trip-verdächtigen Nuancen" zu verstehen ist. Hervor tut sich da fast jeder Track auf
"The Great Fleet Of Echoes", insbesondere einer wie
"Slow Motion" verdient es erwähnt zu werden, denn dessen fragile, zum Schluchzen animierende Postrefrain-Melodie drückt derart massiv gen Tränendrüse, dass einem der lang ersehnte Frühling plötzlich fremd vorkommt. Nun, solche und ähnliche Charakteristika prägen eigentlich das gesamte Werk, welches schließlich in einem relaxt bis ruhigen Abgang namens
"Blue Dead Skies" mündet. Man mag es kaum glauben - das besagte Staunen hielt immerhin 54 Minuten exklusive Nachwirkungszeit.
"The Great Fleet Of Echoes" offenbart das perfekte Refugium für passionierte Trauerempfängliche und Tagträumer durch sein wahrlich tristes und zugleich kunstreiches sowie stimmungsvolles Flair. Erhaben klingen hier die zehn Kompositionen, die sich anschleichen, um des Hörers Gunst raffiniert an sich zu locken. Zwar erfinden die fünf Herrschaften aus dem hohen Norden das Rad nicht neu, aber nur der kleinste Gedanke an Epigonentum ist hier völlig deplatziert - zu souverän und zielstrebig geht diese Truppe ihren Weg. Sehr empfehlenswert für Leute, denen die gehobenen Taten erwähnter Tieftonbaupioniere mitsamt Anhang seit jeher eine Art Seelenpflaster waren.
"Vertigo" (vom 2005er Album
"Quicksilver Clouds")