Mats Levén – ein Name, der eine kleine, eingeschworene Fangemeinde aufhorchen lässt; ähnlich einem
"Ripper" Owens und einem
Doogie White. Eine Kategorie Sänger, die vom reinen Können her locker die oberste Riege bildet und eigentlich viel berühmter sein müsste, als sie es eigentlich ist. Leider hat jeder der genannten Könner sich die Karriere mit mindestens einem leidigen Zwischenstopp leicht verbaut; Owens mit
Judas Priest und
Iced Earth, Doogie White mit
Tank und Mats Levén mit
Yngwie Malmsteen und
Candlemass. Nicht, weil es keine Pässlichkeiten gab, sondern weil die Bands zur jeweiligen Phase weit unter den Qualitäten ihrer Sänger agierten. Und unter uns: Levén hat eine Stimme, die nach Hard Rock und melodischem Heavy Metal dürstet und so gar nicht zu seinen doomigen Landsmännern passt.
Insofern ist es nur zu begrüßen, dass wir mehr vom Ausnahmetalent zu hören bekommen; diesmal in Zusammenarbeit mit einem anderen Alleskönner; dem
Treat-Gitarristen Anders Wikström – diese fast-Traumpaarung wollte ursprünglich schon vor rund 30 Jahren zusammen an einem Album arbeiten und 2018 ist die Zeit endlich reif: das Ergebnis,
Revertigo, so viel sei vorangestellt, ist das Warten allemal wert.
Frontiers Records wagen sich dieser Jahre auch aus der Komfortzone heraus und liefern mehr, als den erwartbaren Schunkel-AOR (der ehrlicherweise aber auch immer zündet), was man etwa an Glenn Hughes Ex-Band
California Breed mit dem harten Grunge-Einschlag und dem schmutzigen Sound sehen, hören, in jedem Fall bestaunen konnte. So ähnlich verhält es sich mit
Vertigo;
am gleichnamigen Debütalbum ist alles, jeder Song, jede Seite im Booklet, das gesamte Cover, eine rebellische, doch auf ihre eigene Weise hocherfahrene und bestproduzierte Dreckschleuder.
Statt des süßen At Vance-oder Dog Face-Sounds gibt es saftige Schläge in die Rippen, eine
spektakuläre Mischung aus modernem Rock mit Metal-Schlagseite, dem Sound der mittleren 90er und kleinen Experimenten. Aus dieser Rezeptur entstehen satte 11 Ohrwürmer auf knapp 50 Minuten verteilt. Vom leicht punkigen Einstieg
"Hoodwinked" über das majestätische
"Symphony Of Fallen Angels", hin zum treibend groovenden
"Luciferian Break Up" gibt es nur Volltreffer, über die man länger referieren müsste, als der Platz es hier zulässt. Ein besonderes Highlight ist die Ballade
"Unobtainium", die einerseits mit exotischem Klangbild, vielmehr jedoch mit der unfassbaren Gesangsleistung überzeugt; locker das Highlight des schwedischen Sängers.
Zusammengefasst:
Revertigo sind eines der gelungensten Kollaborations-Projekte aus dem Frontiers-Stall und akzentuieren die Stärken der Beteiligten maximal – dass die beiden auch noch das Mischpult übernahmen, ist eine Qualifikation, die in einer fairen Welt einem Andy Sneap Schweißperlen auf die Stirn treiben müsste.
Sollte es zu weiteren Zusammenarbeiten kommen, wird es enorm schwierig, dieses Debüt zu toppen; bis es so weit ist, haben wir ein frühes Jahreshighlight vorliegen, das jeder Fan etwas moderner angehauchten Rocks dringend zumindest testen sollte.