HomeNewsReviewsBerichteTourdaten
InterviewsLiveSpecialsArchiv ImpressumDatenschutz
Anmeldung
Benutzername

Passwort


Suche
SiteNews
Review
Necrophobic
In The Twilight Grey

Review
Blood Red Throne
Nonagone

Review
Health
Rat Wars

Review
The Pineapple Thief
It Leads to This

Review
Dokken
Heaven Comes Down
Upcoming Live
Wien 
Essen 
Hamburg 
München 
Stuttgart 
Statistics
281 Interviews
388 Liveberichte
194 Specials
Anzeige
Psychotic Waltz, Bleeding
19.06.2017, Das Bett, Frankfurt am Main 
 
Alex Fähnrich
Alex Fähnrich
(15 Live-Berichte)
"I remember." Selbst ein viertel Jahrhundert später erinnere ich genau jenes Gefühl vor einer Psychotic Waltz-Show: Diese Mischung aus Vorfreude und Nervosität... Schmetterlinge im Bauch und Hummeln im Arsch. Und danach: Glückseligkeit und Ausgebranntheit...Katharsis und Erschöpfung...

Zwar war die Band in der Zwischenzeit schon mehrmals wieder live zu sehen, aber die Vorzeichen sind diesmal andere, denn man trat als Vorband (von Symphony X und Nevermore) oder bei Festivals ("Rock Hard Festival" und "Keep It True") vor großem Publikum auf. Die wenigen Clubdates, die heuer zwischen den Auftritten beim Graspop und Copenhell stattfinden, sind die ersten ihrer Art seit der "Bleeding Tour" vor über 20 Jahren. Die Vorfreude ist jedenfalls riesig. Nachdem es zunächst nach einer langen Anreise aussieht, kommen die Veranstaltungsorte immer näher: Berlin - München (beide über 500 km entfernt) - Rheine - Essen (über 250 km) und schließlich Frankfurt (weniger als 100 km) - Jackpott!. Vor Ort werde ich erfahren, dass ein alter Bekannter das Konzert dort in die Wege geleitet hat, nachdem ich das Gleiche im Andernacher JUZ vergeblich versucht hatte. Überhaupt werde ich dort einige vertraute Gesichter sehen, welche zwar merklich gealtert sind, denen jedoch immer noch das psychotische Funkeln in den Augen steht.



Die Besetzung der Supportslots erfolgte Gott sei Dank mit dem Herzen und nicht wie in so vielen Fällen mit dem Rechenschieber (Wir erinnern uns mit Schrecken an die beiden unsäglichen Vorbands auf der letzten Fates Warning-Tour, deren Engagement nur durch die Zahlung eines horrenden "Schmerzensgelds" sprich Toursupports erklärbar war.). Nachdem die ersten Shows von Poverty's No Crime eröffnet wurden, sind in Frankfurt zum ersten Mal Bleeding dran. Ihre Konzertreise führt die Band von ihrer Heimatstadt Stade nach Frankfurt, weiter nach München, von dort nach Berlin und dann wieder nach Hause. 2000 Kilometer, die man gerne in Kauf nimmt, um die Bühne mit den großen Vorbildern zu teilen. Der Bandname kommt schließlich nicht von ungefähr, denn die Formation wurde vor sechs Jahren nach einem Waltz-Konzert gegründet. Die Debüt-EP schlug im Underground mächtig ein und mit dem ersten Longplayer "Behind Transparent Walls" setze man ein richtiges Ausrufezeichen. Nun hat man bereits den Nachfolger im Kasten, von dem am heutigen Abend ganze vier Stücke dargeboten werden.

Das neue Material weiß unmittelbar zu gefallen, denn es klingt noch heavier und gleichzeitig noch komplexer als der Vorgänger. Das Quintett scheint Marcs Backing Vocals als weiteres Stilmittel für sich entdeckt zu haben. Darüber hinaus rifft und soliert Herr Nickel sich souverän durchs Set, während Jörg, sein Gegenpart auf der gegenüberliegenden Bühnenseite, mit gefühlvollem Picking eher für die atmosphärische Komponente sorgt. Die neue Rhythmussektion, bestehend aus Heiko am Bass und Theo hinter der Schießbude, die beide auch bei Povert'y No Crime tätig sind und somit in den Genuss der gesamten Tour kommen, läuft entsprechend wie geschmiert. Auffälligster Akteur ist allerdings Frontmann Haye, dessen exaltierte Körpersprache und extreme Gesangstechnik ihres Gleichen suchen. Nachdem das Quintett beim Opener 'Fading World' noch etwas nervös und zurückhaltend wirkt, tauen die Jungs schnell auf und liefern bis zum üblichen Rausschmeißer 'Souldancer' eine mitreißende Performance ab.



Leider halten nicht alle der enormen Hitze im Innenraum stand (draußen hat`s über 30, drinnen locker über 40 Grad.) und flüchten frühzeitig nach draußen, so dass sich vor dem Bett eine beträchtliche Menschenansammlung gebildet hat, als ich nach BLeeding ins Freie trete. Trotz der vielen Bekannten kann ich mich auf keine konzentrierte Unterhaltung mehr einlassen. Das oben beschriebene "Prä-Waltz-Syndrom" setzt ein und eher pragmatische Überlegungen stehen im Vordergrund: "Schnell noch mal setzen und was trinken bevors losgeht, schließlich will man ausgeruht sein und nicht dehydrieren! Schnürsenkel mit einem Doppelknoten versehen, denn man will beim Moshen ja nicht auf`s Maul fallen und sich die Knochen brechen! Geldbörse und Handy doch besser ins Auto bringen bevor beides beschädigt wird oder abhanden kommt?!..."



Dann geht alles ganz schnell. Die Band erklimmt die Bühne bzw. wird in Brians Fall samt Rolli auf die Bühne gehoben. Ich kann gar nicht sagen, wie viel Respekt ich vor diesem Mann habe. Wie schwierig muss es sein, mit einem solchen Handicap zu touren?! Und gleichwohl strahlt er solch eine Ruhe und Gelassenheit aus. Ich verbringe den ersten Teil des Sets auf seiner Bühnenseite. Dieser besteht ausschließlich aus "Mosquito"- und "Bleeding" (diesmal das Album und nicht die Band!)-Material und ich groove mich langsam ein. Gleiches gilt für die Fab Five on Stage. Das Zusammenspiel von Ward und Norm passt immer noch, wobei insbesondere Leggio enorm fit wirkt. Dan und Brian sind nach wie vor das vielleicht beste Gitarrenduo überhaupt. Und Mister Graves alias Lackey ist der egozentrisch-geniale Sänger und Frontmann, wie man ihn - auch von seinen Soloauftritten und mit Deadsoul Tribe - kennt.

Zwar wurde schon im Vorfeld bekannt, dass es keinen dreistündigen Marathon wie in den guten alten Zeiten geben würde, aber trotzdem ist dies kein Sprint sondern ein Langstreckenlauf. 'Dancing In The Ashes', 'Faded' und 'Mosquito' stellen das flotte Eröffnungstriple dar, nachdem die Hundertschaft im Bett (der Name dieses Clubs ist einfach köstlich...man stelle sich 100 wild bangende Menschen in der Heia vor...) mit den Haschischhymnen 'Northern Lights' und 'Haze One' erst einmal ordentlich gechillt werden. Mit 'Ashes' ist die Aufwärmphase beendet und spätestens bei 'Another Prophet Song' bin ich wieder mit Haut und Haaren in der Welt von Psychotic Waltz angekommen.
Man könnte denken, der neue Song, den Devon mit der Bitte ankündigt, diesen nicht zu filmen und in minderer Qualität online zu stellen, würde einen Bruch darstellen, doch 'While The Spiders Spin' fügt sich so in den Flow ein als würde es schon ewig auf der Setliste stehen. Ein fieser Midtempogroover in 'Bleeding' (diesmal der Song, nicht das Album!)-Manier, der mit einem zweistimmigen Göttergitarrensolo ausgestattet ist, das ein wenig an 'Into The Everflow' erinnert. Die letztgenannte Mutter aller Harmonysolos stellt selbstredend einen der Höhepunkte des Gigs dar.
Wie viel Gänsehaut passt auf den menschlichen Körper? Nur soviel: Die Haut ist das größte menschliche Organ!



Davor entzücken uns Psychotic Waltz jedoch mit zwei der schönsten Songs, die je geschrieben wurden: 'I Remember' und 'A Psychotic Waltz'. Während erster vielleicht auf Grund von Devons Querflöteneinsatz der Bandhit schlechthin ist, bin ich persönlich von letzterem immer NOCH mehr ergriffen. Zwar kann ich die Eingangszeile "Sometimes I wonder what will ever become of me and if life`s worth its living at all" für mich mittlerweile klar mit "Ja!" beantworten (das war mit Anfang 20 als das Leben noch von Hormonen und einhergehenden Lebensdramen bestimmt war noch nicht unbedingt so.), doch sie geht immer noch so tief rein, dass ich mit den Tränen ringe. Wie zur Hölle können ein paar Teenager solch ein Lied als ihren ersten Song überhaupt schreiben?!

Der Rest des Konzertes ist eine einzige Ekstase: 'Only In A Dream' ("There lies a dying sparrow!!!"), wie erwähnt 'Into The Everflow', 'Morbid' (einziger Song "neueren Datums" im zweiten Teil des Sets ) und dann mit '...And The Devil Cried', 'Halo Of Thorns', 'I Of The Storm' und 'Nothing' die komplette "A Social Grace"-Vollbedienung. Was bleibt ist ein Gefühl irgendwo zwischen Glückseligkeit und Ausgebranntheit (siehe oben)...Klar hätte man gerne noch zumindest 'Freakshow' und 'Butterfly' gehört, zumal "Into The Everflow" recht unterrepräsentiert war. Natürlich war der Sound nicht perfekt und man merkte Devon teilweise an, dass er verzweifelt gegen seine Kollegen ansingen musste.
Aber der Spirit, den diese außergewöhnliche Truppe versprüht, ist noch der Gleiche und einfach nur...seufz...wunderschön und ergreifend.

Dass die sich komplette Band nach dieser schweißtreibenden Angelegenheit kurze Zeit später wieder unter die Leute mischt und fleißig Autogramme gibt, für Fotos zur Verfügung steht oder einfach nur Smalltalk hält, kann gar nicht genug gelobt werden. Obschon ich kein großer Autogrammjäger bin, habe ich zur Sicherheit all meine Schätzchen zum Signieren mitgebracht. Man weiß ja nie, ob das die letzte Begegnung sein wird. Nach diesem Triumphzug - und damit meine ich die gesamte Mini-Tour sowie die Festival-Gigs - bin ich mir jedoch ziemlich sicher, dass wir uns wieder sehen werden. Auch wenn es vielleicht noch ein paar Jahre dauert, es wird ein neues Album geben und es wird großartig sein! Und auf der dann folgenden Tour sehen wir uns dann wieder um alle gemeinsam den Psychotic Waltz zu tanzen.

Necrophobic - In The Twilight GreyBlood Red Throne - NonagoneHealth - Rat WarsThe Pineapple Thief - It Leads to ThisDokken - Heaven Comes DownLeaves' Eyes - Myths Of FateSurgical Strike - 24/7 HATECognizance - PhantazeinJudas Priest - Invincible ShieldBeartooth - The Surface
© DarkScene Metal Magazin